Walpurgisnacht : Kein romantischer Tanz auf dem Blocksberg
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Fliegt da was? Sonnenuntergang am Brocken Bild: ZB - Fotoreport
Hexenforscher finden die Walpurgisnacht nicht lustig. Die Hexenverfolgung im 16. und 17. Jahrhundert war dafür zu grausam.
Höllisch heißer Hexenspuk im Oberharz, Hexenbrennen in der Oberlausitz, Walpurgisnacht-Party am Rhein - in der Nacht zum 1. Mai wird überall in Deutschland munter gefeiert. Thomas Becker findet den bunten Hexenzauber allerdings nicht lustig. Der Historiker und Archivar an der Universität Bonn ist Hexenforscher und widmet sich seit vielen Jahren der wissenschaftlichen Erforschung des Hexenmythos.
Berichtet er von dem Massentöten zwischen 1400 und 1750 wird schnell klar, weshalb die Wissenschaft Probleme mit der Blocksberg-Romantik und fröhlichen Hexen-Tänzen hat. In Europa und den Kolonien in Nordamerika wurden in den Hoch-Zeiten der Hexenjagd etwa 80.000 Menschen umgebracht. Zwei Drittel davon waren Frauen. Mittelpunkt der Hexenverfolgung war Deutschland. Vor allem im Rheinland, in Nordrhein-Westfalen, der Pfalz, im Fränkischen und in Lothringen wurden rund 40.000 Frauen und Männer getötet.
Neid und Depression als Ursache vermutet
„Im Vorgebirge war die Hexenverfolgung mehr verbreitet als im Flachland, in größeren Städten gab es so gut wie keine Prozesse gegen angebliche Hexen“, sagt der Historiker Becker. Höhepunkt der Verfolgung war in den Zeiten des 30-jährigen Krieges. Indizien, die Not und Angst, Neid und Depression als Ursachen des Hexenwahns belegen.
Die Hexenverfolgung war laut Becker auch entgegen der landläufigen Meinung weniger eine Angelegenheit der kirchlichen Inquisition, sondern weltlicher Gerichte. „In unserem Raum waren dafür vor allem Schöffengerichte verantwortlich. In jeder Stadt gab es Familien, die qua Erbrecht einen Schöffen in dieses Laiengericht entsandten und daher eine enorme Macht besaßen“, erläutert der Uni-Mitarbeiter. Aus Neid versuchten andere Familien, die Schöffen der Hexerei zu überführen und dann ihren Platz einzunehmen. „Ganze Schöffen-Familien sind dem Hexenwahn zum Opfer gefallen“, hat Thomas Becker herausgefunden.
Hexenhammer
So etwas wie die juristische Grundlage der Hexenverfolgung in der frühen Neuzeit war der 1487 von dem Dominikanerpater Heinrich Institoris veröffentliche Traktat „Hexenhammer“, das in die Rechtsprechung der damaligen Zeit aufgenommen wurde. Es dokumentiert die frauenfeindliche Ideologie des Spätmittelalters.
Die Wissenschaft widmet sich seit den siebziger Jahren der Hexenverfolgung intensiv. Zahlreiche Universitäten untersuchen die historischen und gesellschaftlichen Hintergründe. In einem Arbeitskreis interdisziplinäre Hexenforschung findet ein reger Austausch zwischen Wissenschaftlern statt.
Brocken gab es überall
Ein noch ungeklärtes Thema ist die Walpurgisnacht am 1. Mai. „Die hat es im 15. und 16. Jahrhundert nicht gegeben“, erläutert Thomas Becker. „Wenn sich die vermeintlichen Hexen getroffen haben, dann in der Nähe der Dörfer, auf Lichtungen oder sogar auf dem Marktplatz.“ Das Gerücht mit dem Blocksberg kam erst Ende des 17. Jahrhunderts auf. Dass dann ausgerechnet der Brocken im Harz zum zentralen Hexenberg wurde, verdankt der 1.142 Meter hohe Hügel wohl vor allem Goethe, der den Faust auf dem Brocken eine Hexenversammlung beobachten lässt. „Auch in anderen Gegenden sprachen die Leute vom Blocksberg. Das war dann ein Berg in ihrer Gegend“, berichtet der Historiker.
Dass der Hexensabbat in der ersten Mainacht stattfindet, ist nur aus dem Brauchtum abzuleiten. Mit Maibaum und Frühlingsfeuer wurde dieser Tag schon im Mittelalter gefeiert.