Unicef-Foto des Jahres : Die Kinder der Sextouristen
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Bild: Insa Hagemann/Stefan Finger
Sextourismus gibt es auch auf den katholischen Philippinen. Manche Männer aus dem Westen zeugen Kinder. Was mit denen passiert, nachdem die Freier wieder abreisen, haben die Fotografen Insa Hagemann und Stefan Finger, ehemaliger F.A.Z.-Hospitant, dokumentiert. Ihr Bild der ein Jahr alten Divine wurde von Unicef jetzt zum Foto des Jahres gekürt.
Ob Divine schon weiß, dass sie anders ist, kann der Fotograf Stefan Finger nicht sagen. Das kleine Mädchen auf dem Unicef Foto des Jahres 2014 ist schließlich erst ein Jahr alt. Divines Vater ist Australier, ein Sextourist, der ungeschützten Verkehr mit der Mutter des Mädchens hatte. Divine wird ihr Leben lang in dem streng katholischen Land ausgegrenzt werden, ihr westliches Aussehen steht dort gleichbedeutend für den Beruf ihrer Mutter als Prostituierte.
Im April 2014 reisten die Fotografen Insa Hagemann und Stefan Finger für vier Wochen auf die Philippinen. Stefan Finger, der von Oktober 2013 bis Ende März 2014 noch Hospitant der Bildredaktion der F.A.Z. war, erzählt von den Recherchen: Befeuert durch billige Flugtickets boome der Sextourismus von Europäern, Australiern und Amerikanern. Die Männer flögen in ihre Heimat zurück und hinterließen nicht nur die Frauen, sondern auch die Kinder ihrem Schicksal. In dem Land, in dem es kaum Zuwanderung gebe, würden diese Kinder von der Gesellschaft stigmatisiert. Sie hätten zudem keine Chance, jemals ihre Väter kennenzulernen. Die Idee zu dem Projekt „Wanna have Love?!“ kam Finger vor zwei Jahren, als er für eine andere Geschichte auf den Philippinen recherchierte und dort einen deutschen katholischen Pfarrer kennenlernte, der Kondome an Prostituierte verteilte.
Die Geschichte beschäftigte ihn weiterhin. Bei ihren Recherchen im April, so erzählt Finger, ließen sich die beiden Fotografen viel Zeit, bevor sie die ersten Bilder der Kinder gemacht haben. Sie wollten sich bewusst nicht brutal in ihr Leben drängen, sondern sich behutsam dem Thema annähern. Mit manchen Kindern spielten sie zum Beispiel erst einen Tag ohne Kamera, bis nicht nur die Mutter, sondern auch das Kind zutrauen zu ihnen gefunden hatten.
Eines dieser Kinder war Divine. Als Finger sie beobachtete, sei sie zunächst auf die anderen Kinder zugegangen, habe dann aber kurz vor der Gruppe kehrt gemacht, nachdem ihr eines der Kinder gezeigt habe, dass sie nicht erwünscht sei. In dem Moment entstand auch das Foto. Das Bild wurde an diesem Dienstag ausgezeichnet. Unicef-Vorstand Peter-Matthias Gaede begründete die Entscheidung der Jury damit, dass das Bild vor Augen führe, „welchen Weg wir weltweit noch vor uns haben, die Rechte der Kinder zu verwirklichen“.
Mit dem zweiten Platz wurde der deutsche Fotograf Christian Werner für eine Reportage über das Schicksal jesidischer Flüchtlinge im Nordirak geehrt. Der dritte Platz ging an den Südafrikaner Brent Stirton, der zwei indische Mädchen porträtierte, die mit einer einfachen, für ihre Eltern aber trotzdem unbezahlbaren Augen-Operation von der angeborenen Blindheit befreit wurden.
Der Preis für das Unicef-Foto des Jahres wird in diesem Jahr zum 15. Mal vergeben. Das UN-Kinderhilfswerk vergibt die Ehrung gemeinsam mit der Zeitschrift „Geo“. Neben den drei Fotos zeichnete die Jury sechs weitere Reportagen mit ehrenvollen Erwähnungen aus.