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Schweres Erdbeben in Kroatien : Kleinstädte in Trümmern, mindestens sieben Tote

  • Aktualisiert am

Kroatien, Petrinja: Menschen in den Trümmern eines vom Erdbeben beschädigten Gebäudes Bild: dpa

Bereits im März und zuletzt am Montag bebte die Erde im EU- und Urlaubsland Kroatien. Das Ausmaß des neuesten und bislang stärksten Bebens ist viel schlimmer. In Slowenien wurde vorsichtshalber ein Atomkraftwerk abgestellt.

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          Ein weiteres schweres Erdbeben hat am Dienstag in den Mittagsstunden Kroatien getroffen. Die Zentren der Kleinstädte Sisak und Petrinja südöstlich von Zagreb lagen in Trümmern, wie kroatische Medien berichteten. In Petrinja erschlug herabfallendes Gebälk ein zwölfjähriges Mädchen. Mindestens vier weitere Menschen sind getötet worden. Außerdem meldeten die Behörden 26 Verletzte. Viele weitere Menschen galten auch am Abend noch als vermisst. Seismologen gaben die Stärke mit 6,4 an.

          Das Epizentrum des zweiten Bebens in Kroatien innerhalb 30 Stunden lag 45 Kilometer südöstlich von Zagreb. In Petrinja berichtete ein Reporter der Tageszeitung „Jutarnji List“ von dramatischen Szenen. Sirenen von Feuerwehr- und Ambulanzwagen hallten durch die Stadt, bald zeigte sich ein Bild der Verwüstung. Aus Angst vor weiteren Erdstößen zogen sich Bewohner in den kleinen Stadtpark zurück. Rettungsmannschaften suchten unter Trümmern nach Verschütteten.

          Jede Hilfe zu spät kam für ein kleines Mädchen – herabfallende Trümmer hatten es erschlagen. Bürgermeister Darinko Dumbovic bestätigte den Tod des Kindes: „Es ist schrecklich, es gibt Opfer, es gibt Verletzte. Wir sahen, wie ein Kind auf dem Hauptplatz starb“, sagte er. „Das ist wie Hiroshima, die halbe Stadt existiert nicht mehr. Wir brauchen Hilfe.“

          Auch die nahe Kreishauptstadt Sisak war schwer betroffen. Der Sitz der Stadtverwaltung sei zur Hälfte eingestürzt, sagte Bürgermeisterin Kristina Ikic-Banicek dem kroatischen Fernsehen HRT. Die Gemeindebediensteten konnten sich jedoch alle in Sicherheit bringen, fügte sie hinzu. In ihrer Stadt habe es einige Leichtverletzte gegeben, die ärztlich versorgt wurden.

          Ministerpräsident Andrej Plenkovic und mehrere Minister machten sich vor Ort ein Bild von der Lage. Das Militär schickte Soldaten. Auf den Straßen lagen Staub und heruntergestürzte Ziegelsteine. Auch Plenkovic sagte, der größte Teil des Zentrums von Petrinja sei unbewohnbar. Es werde überprüft, ob noch Menschen in den Trümmern sind. Die Armee habe in Kasernen 500 Notunterkünfte eingerichtet. Andere könnten in Hotels untergebracht werden. „Niemand muss in der Kälte der Nacht draußen bleiben“, versicherte der Regierungschef.

          In Zagreb beträchtliche Sachschäden

          In der Hauptstadt Zagreb gab es beträchtliche Sachschäden. Menschen rannten in Panik auf Straßen und in Parks. Viele verließen die Hauptstadt trotz der wegen der Coronavirus-Pandemie verhängten Reiseverbote. Das Beben war in ganz Kroatien, aber auch in Österreich, Ungarn, Italien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, sogar in Tschechien und der Slowakei zu spüren.

          Slowenien schaltete deshalb das Atomkraftwerk Krsko ab, meldete die Nachrichtenagentur STA. Es liegt unmittelbar an der Grenze zu Kroatien. Eine Abschaltung sei in solchen Situationen Standard, hieß es. In der südungarischen Stadt Pecs (Fünfkirchen) war der Erdstoß so stark zu spüren, dass die Behörden ein Großkaufhaus räumen ließen, berichtete das lokale Portal „bama.hu“.

          Erst am Montag waren im selben Gebiet Kroatiens Erdstöße der Stärke 5,2 und 5,0 verzeichnet worden. Im März hatte ein Erdbeben der Stärke 5,4 in Zagreb große Schäden angerichtet. Eine Jugendliche war gestorben, mehr als zwei Dutzend Menschen waren verletzt worden.

          EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte umgehend Hilfe zu. „Wir sind bereit zu unterstützen“, schrieb sie nach einem Gespräch mit Kroatiens Ministerpräsident Andrej Plenkovic auf Twitter. Sie habe den für humanitäre Hilfe zuständigen EU-Kommissar Janez Lenarcic gebeten, so bald wie möglich ins Erdbebengebiet zu reisen. „Wir stehen an der Seite Kroatiens“, betonte von der Leyen.

          In den vergangenen Jahrzehnten hat die Balkanregion immer wieder Erdbebenkatastrophen erlebt. Im Juli 1963 zerstörte ein Beben das Zentrum von Skopje, der Hauptstadt der damaligen jugoslawischen Teilrepublik Mazedonien und des heutigen Nordmazedoniens. Mehr als 1000 Menschen starben. Im Oktober 1969 verwüstete ein Erdbeben die nordbosnische Stadt Banja Luka, nur 100 Kilometer vom Epizentrum des jüngsten Bebens in Kroatien entfernt: 15 Menschen starben. Im März 1977 suchte ein Beben der Stärke 7,5 die rumänische Hauptstadt Bukarest heim – es gab 1600 Todesopfer.

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