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Verlust der Eltern : Es wird immer ein Problem sein

Eine Vollwaise wird zum Helden: Als Kind muss Bruce Wayne mitansehen, wie Gangster seine Eltern töten. Als Batman kämpft er später gegen das Böse. Bild: ddp Images

Es passiert nur selten, aber wenn, dann ist die Welt erschüttert: Was wird aus Kindern, die – durch einen Unfall oder ein Verbrechen – auf einen Schlag Mutter und Vater verlieren?

          8 Min.

          Wenn alles so läuft, wie es bei den meisten läuft, dann ist es, im Großen und Ganzen, ein ungeheures Glück. Ein Kind wird geboren, und die beiden, die sich nun Eltern nennen, üben sich darin, für jemand anderen da zu sein. Viel Liebe, viel Lachen und schlaflose Nächte, ab und an mal ein aufgeschrammtes Knie, ein Pflaster drauf und einen Kuss. Es wird gekuschelt, gebangt, geschimpft. An ihrer Hand geleiten Vater und Mutter das Kind sicher über die Straße. Sie helfen ihm bei den Hausaufgaben und kicken mit ihm den Fußball durch den Park. Viel später taxieren sie kritisch den ersten Freund oder die Freundin, helfen irgendwann beim Umzug. Selbst wenn das Kind, wie man so sagt, längst sein eigenes Leben lebt, sind sie doch immer irgendwie da.

          Jörg Thomann
          Redakteur im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Manchmal aber sind plötzlich beide weg. Die Mutter und der Vater. Sie sind gemeinsam in ein Auto gestiegen, das verunglückt, oder in ein Flugzeug, das sein Ziel nie erreicht, oder sie fallen einem Verbrechen zum Opfer. Ist das Kind noch sehr klein, dann sind nicht nur zwei Leben ausgelöscht, sondern auch ein drittes. Das Leben des Kindes nämlich, wie die Eltern es sich ausgemalt hatten, umsorgt und behütet, vorsichtig in die richtigen Bahnen gelenkt von seiner Mutter und seinem Vater. Wie sein Leben stattdessen verläuft, lässt sich kaum vorhersagen. Aussehen wird es gewiss deutlich anders.

          Wieder ein halbwegs normales Leben führen?

          Die Zukunft, die sich Jessica Schneider und Jean-Baptiste Salvaing erträumt hatten, wurde zerstört in der Nacht vom 13. auf den 14. Juni. Ein vorbestrafter Islamist erstach den Polizeikommissar auf der Straße vor dessen Haus in Magnanville bei Paris, anschließend durchtrennte er der Frau, die ebenfalls für die Polizei arbeitete, die Kehle. Fotos und Videos der Tat zeigte der Mörder auf Facebook. Dort sah man auch, dass Mathieu, der drei Jahre alte Sohn des Paares, verängstigt auf dem Sofa saß. „Ich weiß noch nicht, was ich mit ihm machen werde“, sagte der Terrorist, der später von Einsatzkräften erschossen wurde. Mathieu fand man, wie es hieß, schockiert, doch unversehrt. Man muss davon ausgehen, dass dieses „unversehrt“ nicht für seine Seele gilt.

          Die Erschütterung über den Tod noch junger Menschen wird noch verstärkt, wenn sie kleine Kinder hinterlassen. Was, so fragt man sich sofort, wird nur aus diesen Kindern? Wer kümmert sich um sie? Wie können sie mit dem schweren Verlust umgehen lernen, wie – und wann – wieder ein halbwegs normales Leben führen?

          Es gibt auf diese Fragen keine allgemeingültigen Antworten. Jedes Kind verarbeitet so etwas auf seine eigene Weise, und extrem viel hängt von seinem Umfeld ab. Eines aber scheint sicher: „Diese Menschen tragen das Erlebte ihr ganzes Leben mit sich herum, ohne dass es sehr präsent sein muss“, sagt die Gesprächstherapeutin Sybille Jatzko, die gemeinsam mit ihrem Mann über viele Jahre Unglücksopfer und Hinterbliebene begleitet und behandelt hat.

          „Meine Mama und mein Papa sind tot.“

          Rund 1000 Kinder und Jugendliche werden jedes Jahr von der Deutschen Rentenversicherung erstmals als Vollwaisen erfasst, nur die wenigsten von ihnen haben Mutter und Vater auf einen Schlag verloren. Doch auch das kommt vor, und zwar häufiger, als man es sich vorstellen mag. Am selben Tag, an dem in Magnanville Mathieus Eltern ermordet wurden, verlor bei einer Karambolage auf der A3 nahe Wiesbaden ein junges Ehepaar sein Leben, die ein Jahr alte Tochter überlebte. Inzwischen ist das Kind aus dem Krankenhaus entlassen worden, es befindet sich in der Obhut von Verwandten.

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