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Stärke 5,2 : Dutzende Nachbeben binnen Stunden in Türkei und Syrien

  • Aktualisiert am

Ein Mann fährt auf einem Motorrad durch die Trümmer zerstörter Gebäude im türkischen Samandag. Bild: dpa

Zweieinhalb Wochen nach den schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien steigt die Zahl der Toten auf mehr als 50.000. Weitere Nachbeben erschüttern die Region. In Syrien sollen Hunderte Schwerverletzte in Lebensgefahr schweben.

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          Zweieinhalb Wochen nach der Erdbeben-Katastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist die Zahl der Toten auf mehr als 50.000 gestiegen. Allein in der Türkei habe es 44.218 Opfer gegeben, berichtete die türkische Katastrophenbehörde Afad am Freitagabend. Aus Syrien meldete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zuletzt 5900 Tote. Die Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle gingen am Abend sogar von mehr als 6700 Toten aus. Hunderte Schwerverletzte schweben demnach noch in Lebensgefahr.

          Die Erdbebenregion kommt indes nicht zur Ruhe. Am Samstag traf ein Beben der Stärke 5,2 die zentralanatolische Provinz Niğde in der Türkei, wie die Erdbebenwarte Kandilli mitteilte. Das Epizentrum lag demnach im Bezirk Bor. Kurz zuvor hatte es nach Angaben der türkischen Katastrophenschutzbehörde AFAD mehrere Beben der Stärke 4 gegeben. Angaben zu Opfern und Schäden gab es zunächst nicht.

          Von syrischen Stellen wurden innerhalb von 24 Stunden insgesamt mehr als 60 Nachbeben erfasst, wie das Erdbebenzentrum des Landes am Samstag mitteilte. Die Phase der Nachbeben könne noch zwei Jahre andauern, hieß es von AFAD.

          Nach Angaben der türkischen Regierung sind 20 Millionen Menschen im Land von den Auswirkungen des Bebens betroffen. Für Syrien gehen die Vereinten Nationen von 8,8 Millionen Betroffenen aus.

          Bergungsarbeiten dauern an

          Die Erdbebengebiete waren zunächst teilweise schwer zugänglich. Bergungsarbeiten werden aber weiter fortgesetzt, mit deren Fortschreiten steigen die Opferzahlen. Berichte über die Rettung von Überlebenden gab es in den vergangenen Tagen nicht mehr.

          Begonnen hatte die Erdbeben-Serie am 6. Februar, als zwei Beben der Stärke 7,7 und wenig später der Stärke 7,6 die Südosttürkei und den Norden Syriens erschütterten. Darauf folgten nach türkischen Angaben mehr als 9000 Nachbeben.

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          Erdbeben in Türkei und Syrien : Im Grunde ist das Elend unbeschreiblich Bild: Lucas Bäuml

          Nach Angaben der Vereinten Nationen war die Erdbeben-Katastrophe nicht nur nach Todesopfern die schlimmste in der türkischen Geschichte. Auch die Berge an Schutt und Geröll seien beispiellos, sagte Louisa Vinton, die Vertreterin des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) in der Türkei. Der türkischen Regierung zufolge sind bisher mehr als 173.000 Gebäude als eingestürzt oder stark beschädigt registriert. Knapp zwei Millionen Menschen wurden Afad zufolge in Zelten und anderen Notunterkünften untergebracht.

          184 Menschen wegen fahrlässigen Handels festgenommen

          Mindestens 184 Menschen stehen in der Türkei unter Verdacht fahrlässigen Handels in Bezug auf eingestürzte Gebäude, Sie sind festgenommen worden. Das teilte Justizminister Bekir Bozdağ am Samstag mit. Etliche Gebäude in der betroffenen Region waren nicht erdbebensicher gebaut worden. Kritik war laut geworden, die Einhaltung geltender Baustandards sei oft nicht kontrolliert worden.

          Zu den Festgenommenen zählen Bauunternehmer. Auch der Bürgermeister des Bezirks Nurdağı in der Provinz Gaziantep, Ökkeş Kavak, sei inhaftiert, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

          Nur spärliche Informationen aus Syrien

          In Syrien gibt es nach den Erdbeben laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 100.000 Obdachlose. In mehr als 123 Orten im Land sind demnach Häuser beschädigt oder ganz zerstört. Auch viele Kraftwerke, Stromleitungen, Schulen und Krankenhäuser seien in Mitleidenschaft gezogen worden.

          Die türkische Architektenkammer TMMOB gibt der Regierung große Mitschuld am Ausmaß der Katastrophe. Weil sie nachträglich Tausende ungenehmigte Bauten legalisiert habe, habe die Führung in Ankara das Leben etlicher Menschen aufs Spiel gesetzt. Knapp die Hälfte der Gebäude in der vom Erdbeben betroffenen Region wurde nach Angaben der TMMOB nach 2001 gebaut – einer Zeit, in der bereits scharfe Bauvorschriften zur Erdbebensicherheit in Kraft waren. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Regierungsvertreter hatten derartige Kritik von sich gewiesen.

          In der Türkei sind elf Provinzen von dem Erdbeben betroffen, in Syrien der Nordwesten. Aus dem Bürgerkriegsland gibt es nur spärliche Informationen über die Lage. Angesichts jahrelanger Bombardements und Kämpfe lebten viele Menschen dort schon vor den Beben unter prekären Umständen.

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