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Explosion in Libanon : Ein Land leidet

Explosion eines Treibstoffdepots im Libanon: Es gibt mindestens 28 Tote. Bild: dpa

Im Libanon sind bei der Explosion eines Treibstoffdepots in der nördlichen Region Akkar mindestens 28 Menschen getötet worden. Der Explosion soll ein Ansturm auf das Depot vorausgegangen sein.

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          Der krisengeschüttelte Libanon ist von einem weiteren Unglück heimgesucht worden. In der Nacht zum Sonntag wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums bei der Explosion eines Treibstoffdepots in der nördlichen Region Akkar mindestens 28 Menschen getötet. Örtliche Krankenhäuser waren mit der großen Zahl an Verletzten, die schwere und zum Teil lebensbedrohliche Verbrennungen erlitten hatten, überfordert.

          Christoph Ehrhardt
          Korrespondent für die arabischen Länder mit Sitz in Beirut.

          Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf Angaben aus den Streitkräften und den Sicherheitsbehörden, es habe sich um ein verstecktes Depot von Schwarzmarkthändlern gehandelt, das von der Armee beschlagnahmt worden war. Die Soldaten hätten den Treibstoff an die Leute verteilt. Die amtliche libanesische Nachrichtenagentur berichtete, der Explosion seien ein Ansturm auf das Depot und ein Handgemenge unter den an der Unglücksstelle versammelten Menschen vorausgegangen. Augenzeugen berichteten, dort seien etwa 200 Personen versammelt gewesen.

          Der Libanon steckt in einer ungekannten Wirtschaftskrise, die sich zu einer bedrohlichen Versorgungskrise ausgeweitet hat. Davon ist neben den Benzinvorräten auch die Versorgung mit Medikamenten und Elektrizität massiv betroffen. Manche Haushalte in Beirut sind seit Tagen ohne Strom, weil auch den Betreibern privater Generatoren der Diesel ausgeht. Krankenhäuser warnen, ihnen drohe ein kompletter Stromausfall, wodurch sie gezwungen wären, ihren Betrieb einzustellen.

          Am Samstag waren Soldaten im ganzen Land ausgerückt, um Treibstoffvorräte sicherzustellen und den Schwarzhandel mit dem knappen Benzin zu unterbinden sowie dessen Herausgabe zu erzwingen. Der Mangel an Treibstoff führt seit längerem zu langen Schlangen und Chaos an Tankstellen im ganzen Land. Die Benzinknappheit hat sich in den vergangenen Tagen noch einmal dramatisch zugespitzt. Zahlreiche Privatfahrzeuge, Taxis oder Sammeltaxis, auf die viele Menschen angewiesen sind, weil es keinen öffentlichen Nahverkehr gibt, stehen still. Die Verzweiflung treibt die Leute dazu, sich gewaltsam Zugang zu den Tankstellen zu verschaffen, die nur noch sporadisch öffnen. In der Bekaa-Ebene rückte am Samstag ein entnervter Wartender dem Tankstellenhäuschen mit einer Kettensäge zu Leibe.

          Schmuggel ins Nachbarland

          Hintergrund der Verschärfung der Benzinkrise ist die Ankündigung der libanesischen Zentralbank aus der vergangenen Woche, sie könne keine Devisen mehr für den Import von Treibstoff bereitstellen. Das bedeutet faktisch eine Streichung der Subventionen, was Fachleute als unerlässlich ansehen, wovor aber die Regierung aus Angst vor sozialen Unruhen zurückschreckt. Der Frust in der verarmenden Bevölkerung nimmt täglich zu. Die Ankündigung der Zentralbank stieß denn auch auf scharfe Kritik und Widerstand des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Hassan Diab. Nach Angaben einer Quelle aus einem libanesischen Erdölunternehmen wird Benzin zurückgehalten, weil eine drastische Preissteigerung erwartet wird und die eigentlich subventionierten Reserven dann mit einem größeren Profit verkauft werden könnten.

          Die Zentralbank hat solche Missstände in einer Erklärung kritisiert und auch darauf hingewiesen, dass ein großer Teil des staatlich subventionierten Benzins ins Nachbarland Syrien geschmuggelt und dort teuer verkauft werde. All das ist allerdings schon lange bekannt, ohne dass es die Zentralbank davon abgehalten hätte, ihre schwindenden Devisenreserven für Treibstoffsubventionen aufzubrauchen.

          Akkar, die Region, in der sich das Unglück am Wochenende ereignet hat, gehört zu den ärmsten Regionen des Libanon. Dort wüteten zuletzt heftige Waldbrände, von denen die Löschkräfte des bankrotten Staats überfordert waren und die zu Evakuierungen führten.

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