Eltern suchen Kinder : „Diese Tweets brechen mir das Herz“
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Eine verletzte Konzertbesucherin wird von Helfern in Sicherheit gebracht. Bild: dpa
Mit dem Anschlag auf junge Popfans könnte der Attentäter von Manchester auch auf die maximale Schockwirkung in sozialen Medien gesetzt haben. Das Kalkül wäre nur teilweise aufgegangen: Am Ende beeindruckte vor allem die Hilfsbereitschaft.
Nach dem Selbstmordattentat bei einem Konzert von Ariana Grande in Manchester mit mindestens 22 Toten am späten Montagabend haben viele Eltern, Freunde und Verwandte die sozialen Netzwerke genutzt, um nach vermissten Jugendlichen zu suchen. „Bitte teilt dieses Foto. Ich bin bei der Mutter dieser 14-Jährigen, wenn sie irgendjemand gesehen hat, meldet Euch bitte“, schrieb eine Nutzerin auf Twitter. Ein Mann twitterte: „Leute, bitte helft mir, mein kleines Mädchen zu finden, es ist irgendwo in Manchester. Mir ist schlecht vor Sorge, wenn ihr sie seht, sagt ihr, sie soll ihre Eltern anrufen.“ Ein Nutzer postete das Bild eines Mädchens: „Meine Schwester geht nicht ans Telefon, seit das passiert ist, bitte sagt ihr, sie soll ihren Bruder anrufen.“ Ob diese Beiträge authentisch waren, blieb in vielen Fällen unklar, teilweise stellten sich Suchaufrufe im Laufe des Tages als Fälschungen heraus.
Auch wenn manche Menschen die Verzweiflung der Eltern für ihr zynisches Spiel missbrauchten, rührte die tatsächlich stattfindende Suche andere Twitter-Nutzer zutiefst. „Diese #ManchesterMissing-Tweets brechen mir das Herz“, twitterte eine Frau.
Am Morgen war noch völlig unklar, wer hinter den Anschlägen steckte. Gerade islamistische Terroristen nutzen soziale Medien aber sehr intensiv, um ihre Propaganda zu verbreiten. Weil es eines der Hauptziele von Islamisten ist, Angst und Schrecken zu verbreiten, könnte auch die offen sichtbare Verzweiflung zynisches Kalkül sein: Wenig würde in den sozialen Medien mehr Wucht haben als ein Anschlag auf ein Konzert voller Jugendlicher, die allesamt mit Smartphones ausgerüstet sind.
Netzschau zu Manchester : Euphorie, Panik, Trauer
Nach der ersten Panik zeigte sich aber auch die positive Kraft der sozialen Medien. Die Nutzerin „Demi“ twitterte: „Ich lebe in Sale in der Nähe der Arena, ich kann jeden abholen. Ich habe freie Zimmer und kann Euch heimfahren.“ Unter dem Hashtag #RoomforManchester wurden in der Nacht unzählige solcher Angebote verbreitet, auch Taxifahrer und Hotels boten ihre Hilfe an.
Am frühen Morgen wurden endlich auch ein paar gute Nachrichten verbreitet. Ein Nutzer, der laut seines ersten Beitrags fünf Stunden vorher noch nach seiner Tochter gesucht hatte, schrieb: „Sie wurde in einem Haus ihrer Freunde gefunden, Danke euch allen, Gott segne euch.“ Und auch der Nutzer, der seinen Angaben zufolge nach seiner Schwester gesucht hatte, twitterte: „Sie wurde gefunden, Mom and Dad holen sie gerade ab.“
Explosion nach Konzert : Viele Tote bei Selbstmordanschlag in Manchester
Anmerkung der Redaktion
In einer früheren Version des Artikels wurde auf Tweets verwiesen, in denen es hieß, dass bis zu 60 unbegleitete Kinder in einem Holiday Inn auf ihre Eltern warteten. Diese Meldung hat das Hotel mittlerweile gegenüber „Buzzfeed.com“ zurückgewiesen und Angehörige dazu aufgerufen, sich nicht bei ihnen zu melden, sondern sich direkt an die Polizei zu wenden. Auch mehrere Bilder von vermeintlichen Opfern, die in sozialen Netzwerken kursierten, stellten sich als gefälscht heraus.