Im Kreis Ahrweiler : Über die Felder schäumen die braunen Fluten
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Eine Frau blickt auf die Ahr: Die Fluten hinterlassen Zerstörung. Bild: Reuters
Die Straße zu dem völlig verwüsteten Ort Schuld ist am Donnerstagmorgen unpassierbar. Schon die umliegenden Ortschaften gleichen einem Katastrophengebiet.
Die Täler der Eifel gleichen an diesem Morgen einem Katastrophengebiet: Braune Wassermassen wälzen sich durch die Orte, über die Straßen und Felder. Viele Ortschaften sind abgeschnitten von der Außenwelt. Auf den Straßen allerorten Feuerwehr und Polizei.
Die Zahl der Todesopfer nach den schweren Unwettern im nördlichen Rheinland-Pfalz ist nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD) auf fünf gestiegen. Alle seien nach bisherigen Erkenntnissen im Kreis Ahrweiler in den Fluten ums Leben gekommen. 50 bis 70 Menschen in der Katastrophenregion würden noch vermisst.
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In Dümpelfeld, einem Ortsteil von Niederadenau im Kreis Ahrweiler, räumen die Einwohner am Vormittag mit Schaufeln und einem Bagger Berge von Steinen und Erde von der Hauptstraße, die die Wassermassen hier nachts an der kleinen Kirche vorbei auf die Hauptstraße geschoben haben. Unten über die Felder schäumen die braunen Fluten, Adenauer Bach heißt das eigentlich kleine Gewässer.
Im unweit gelegenen Örtchen Schuld – an einer Schleife der Ahr gelegen – werden weiterhin Dutzende Menschen vermisst. Nach Polizeiangaben wurden hier in der Nacht auf den Donnerstag vier Häuser vollständig von den Fluten weggespült, zwei Häuser etwa zur Hälfte. Eine Vielzahl weiterer Gebäude sei instabil, heißt es. Viele Menschen retteten sich Berichten zufolge auf ihre Hausdächer. Bereits am Abend musste ein Polizeihubschrauber mit einer Seilwinde zur Rettung von Menschenleben eingesetzt werden.
Die Straße nach Schuld ist an diesem Morgen unpassierbar, so wie viele in der Region. „Menschenleben gehen vor“, sagt ein Anwohner, der auf der Straße die Autos abpasst und die Fahrer informiert. Auf dem Weg durch die Täler müssen die Fahrzeuge regelrechte Flüsse durchqueren, die die Straßen überspülen. Das Handynetz ist in weiten Teilen der Region zusammengebrochen.
Medienberichten zufolge sind auch Polizei- und Feuerwehrnotruf ausgefallen. Im örtlichen Rundfunk wird gebeten, sich an die Feuerwehr zu wenden. Nur wie, wenn die Telefonverbindungen tot sind? Auch die Trinkwasserversorgung ist aufgrund der Überschwemmungen in Teilen des betroffenen Gebietes zusammengebrochen, ebenso wie das Stromnetz.
„Es ist eine Katastrophe! Es gibt Tote, es gibt Vermisste, es gibt viele, die noch in Gefahr sind“, sagt die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Donnerstagmorgen im Landtag in Mainz. „Es ist wirklich verheerend.“ Gesamte Ortschaften seien überflutet, Häuser einfach weggeschwommen. Polizeihubschrauber seien unterwegs, um Menschen von Hausdächern zu retten. Auch die Bundeswehr unterstütze mit 200 Soldaten. Es gebe sehr viele Vermisste, sagt Dreyer. „Mein Mitgefühl gilt den Opfern der Hochwasserkatastrophe. Ich bange mit den Menschen vor Ort.“
Das Hochwasser erreichte auch die Stadt Trier. Der Fluss Kyll, ein Nebenfluss der Mosel, überflute den Ortskern des Stadtteils Ehrang, wie die Stadt mitteilte. Kurz vor Beginn der Überflutung hatte die Evakuierung von 1600 Menschen begonnen. Ein von der Stadt veröffentlichtes Video zeigte dabei, wie Feuerwehrleute auf dem Dach eines bis über die Reifen im Wasser stehenden Feuerwehrwagens stehen und versuchen, Anwohner aus einem Wohnhaus zu retten.
In großen Teilen von Ehrang gibt es der Stadt zufolge keine Stromversorgung mehr. Die Polizei appellierte an die Anwohner, die Ortslage weiträumig zu meiden und auch die Zubringerstraßen für Rettungskräfte freizuhalten. Derweil meldete der Landkreis Trier-Saarburg drei im Fluss Sauer treibende Menschen, deren Rettung sich als schwierig erweise. Es könnten wegen der starken Strömung keine Boote eingesetzt werden. Der Landkreis appellierte an die Bevölkerung dringend, die Überschwemmmungsgebiete zu meiden.