Hagibis in Japan : Der Taifun Nummer 19 legt Tokio still
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Japan, Ichihara: Einsatzkräfte agieren in einer von „Hagibis“ verwüsteten Region. Bild: dpa
Der Taifun Hagibis zieht über Japan. Dabei sind bisher zwei Menschen gestorben, Dutzende weitere wurden verletzt. Mehrere Personen werden vermisst.
In Japan hat am Samstagabend einer der größten Wirbelstürme der vergangenen Jahrzehnte das Land erreicht. Kurz vor 19 Uhr Ortszeit traf der Taifun Nummer 19, der auch Hagibis genannt wird, die Izu-Halbinsel in der Präfektur Shizuoka südwestlich von der Hauptstadt Tokio. Die Meteorologen erwarten, dass der Taifun über Kanagawa und Tokio weiter gen Norden ziehen wird. Am Sonntag soll er die Hauptinsel Honshu im Nordosten verlassen. Bislang wurden zwei Todesopfer gezählt und rund 50 Verletzte. Mehrere Menschen werden vermisst. Das ganze Ausmaß der Schäden wird sich erst am Sonntag zeigen.
Die größte Gefahr ist vorerst nicht der Wind, sondern der stundenlange Regen. Für große Teile Zentral- und Ostjapans wurden sehr seltene Warnungen vor den heftigen Regenfällen ausgerufen. Mehr als eine Million Haushalte in Tokio und angrenzenden Präfekturen wurden aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. Viele Flüsse in Tokio und in der Kanagawa traten über die Ufer. An den Küsten drohten hohe Flutwellen. In Shizuoka und Kanagawa erreichte die Flut Rekordhöhen. Als Folge der durch stundenlange Regenfälle aufgeweichten Erde gab es in Sagamihara nahe Tokio schon erste Bergrutsche, berichtete der Fernsehsender NHK. In Tomioka in der Präfektur Gunma zerstörte ein Bergrutsch sechs Häuser. Drei Menschen wurden gerettet, drei Menschen werden vermisst. Zehntausende Menschen hatten sich in den betroffenen Gebieten schon in Notunterkünften eingefunden.
In der Kanagawa-Präfektur drohte wegen der heftigen Regenfälle, dass Wasser aus dem Shiroyama-Damm abgelassen werden müsse. Die Bewohner am Sagami-Fluß, der durch den Damm gestaut wird, wurden aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. Tausende Haushalte waren schon ohne Strom. Für Orte in Kanagawa wurden schon Rekordniederschlagsmengen gemessen. Hakone, ein auch bei Touristen beliebter Ausflugsort in der Nähe des Fuji-Vulkans, meldete in den vergangenen 24 Stunden mehr als 900 Millimeter Niederschlag. Das ist mehr als das Zweieinhalbfache des üblichen Regens im ganzen Oktober.
Die Windböen des Taifuns wurden am Nachmittag mit 162 km je Stunde gemessen. Das ist weniger als die 252 km je Stunde, die noch am Freitag gemeldet worden waren.
In der Präfektur Mie gab es schon am Vormittag erste Überschwemmungen. In Chiba östlich von Tokio zerstörte ein Tornado einige Häuser und es gab Verletzte. Ein Mann starb, als sein Auto umgeworfen wurde. Die Präfektur Chiba war schon Anfang September vom Taifun Faxai getroffen worden. 900.000 Einwohner waren teils wochenlang ohne Strom oder Wasser, nachdem zahlreiche umgestürzte Bäume die Stromleitungen zerstört hatten. Viele Einwohner von Chiba haben beschädigte Hausdächer bis heute noch nicht repariert. Ihnen drohen weitere Wasserschäden, weil der neue Taifun die blauen Planen über den Hausdächern wegweht.
Das öffentliche Leben in den bedrohten Gebieten stand am Samstag nahezu still. Die Flughäfen der Hauptstadt, Haneda und Narita, hatten den Flugverkehr gestrichen. Der Verkehr auf den Schnellzugtrassen war eingestellt, der öffentliche Nahverkehr in Tokio ruhte seit dem frühen Nachmittag. Große Kaufhäuser in der Innenstadt und viele Einzelhändler hatten ihre Läden geschlossen. In einer kleinen Einkaufsstraße nahe der Innenstadt waren fast alle Geschäfte geschlossen. Viele Bewohner versuchten, ihre Hauseingänge mit Sandsäcken vor Wassereinbruch zu schützen. In einem der Kleinst-Supermärkte, die in Japan als Tante-Emma-Läden dienen, klagte ein Kassierer, dass sie das Geschäft aufhalten müssten, obwohl so gut wie keine Kunden kämen. In einem kleinen Fischrestaurant bereiteten die Köche dennoch Speisen für den Abend vor. Unternehmen wie Toyota Motor, Honda Motor oder Nippon Steel hatten ihre Produktion am Samstag in manchen Werken eingestellt.
Zwei für Samstag geplante Spiele der Rugby-Weltmeisterschaft wurden abgesagt. Ob am Sonntag Spiele stattfinden können, ist noch unklar. Eigentlich soll Gastgeber Japan am Sonntag gegen Schottland antreten und hofft auf einen erstmaligen Einzug in das Viertelfinale.
Mit Blick auf die erwartete Niederschlagsmenge vergleichen Japans Meteorologen den Taifun Hagibis mit dem Taifun Ida im September 1958, bei dem 1200 Menschen starben. Ida, der auch Kanogawa-Taifun genannt wird, traf damals die Izu-Halbinsel und die Kanto-Region rund um Tokio und ließ den Fluß Kano über seine Ufer treten.