Tourismus in der Antarktis : Unter den Füßen schmilzt das Schelfeis
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Der Klimawandel hat Einfluss auf das Brutverhalten der Kaiserpinguine Bild: dpa
Der Klimawandel und der immer beliebter werdende Tourismus in der Antarktis machen den Tieren das Leben schwer. Verhaltensregeln für die Naturbeobachter sollen die Tiere beim Landgang schützen, was aber manchmal gar nicht so einfach ist.
Warum fressen Eisbären keine Pinguine? Die Frage aus dem Biologieunterricht müssen die Expeditionsleiter auf dem Weg in die Antarktis bei ihrem Einführungsvortrag an Bord der Kreuzfahrtschiffe im nächsten halben Jahr nicht an die Passagiere richten. Erstens, weil die Eisbären - anders als viele Reisende meinen - am Nordpol leben und die Pinguine am Südpol. Und zweitens, weil es in den kommenden sechs Monaten keine Antarktistouren mehr gibt.
Vor kurzem sind die letzten Kreuzfahrtschiffe aus der Antarktis in die argentinischen und chilenischen Häfen zurückgekehrt. Auch aus Australien, Neuseeland oder Südafrika finden bis Oktober keine Expeditionen mehr ans Ende der Welt statt. In der ersten Aprilhälfte geht der Sommer auf der südlichen Erdhalbkugel zu Ende. Die Temperaturen fallen, und das Eis breitet sich wieder um den Südpol aus. Etwa die Hälfte der gut 80 Forschungs- und Touristenstationen rund um die Antarktis werden von ihren Besatzungen winterfest gemacht und verlassen. Auf den ganzjährig betriebenen Stationen - unter ihnen die neue Neumayer-III-Station des Alfred-Wegener-Instituts - richten sich die Stammbesatzungen auf den Beginn der langen Polarnacht ein.
Forschungseinrichtungen lassen sich nur von Bord aus beobachten
Nach einer ersten Hochrechnung der International Association of Antarctica Tour Operators (IAATO), der mehr als 100 Veranstalter und Ausrüster von Antarktisreisen angehören, lag die Zahl der Besucher mit knapp 39.000 in der jetzt abgelaufenen Saison um etwa 16 Prozent unter der des vergangenen Jahres. Von Oktober 2007 bis April 2008 hatten mehr Menschen als jemals zuvor die Antarktis besucht: gut 46.000 - von Drei-Personen-Crews auf kleinen Segelschiffen bis zu mehr als 500 Passagieren auf Luxuslinern. Zehn Jahre zuvor waren es noch knapp 10.000 gewesen.
Etwa zwei Drittel der Schiffsreisenden, die von der Antarktis meist nur Teile der im Nordwesten des eisigen Kontinents liegenden antarktischen Halbinsel sehen, landen während ihrer ein- bis zweiwöchigen Fahrt ins ewige Eis mit Zodiac-Booten, die von Außenbordmotoren angetrieben sind, einige Male an. Besonders beliebte Ziele dafür sind Brutkolonien von Pinguinen, ehemalige Walfangstationen und Forschungseinrichtungen, die zu Museen oder Souvenirläden umgewandelt sind. Militärische und Forschungseinrichtungen lassen sich nur von Bord aus beobachten.
Verhaltensregeln beim Landgang beachten
Bietet schon die Fahrt von Südamerika durch die Drake-Passage, die am meisten genutzte Anfahrtstrecke, viele Möglichkeiten, Wale, Delfine und fliegende oder schwimmende Vögel zu beobachten, so wird es mit dem Erscheinen der ersten Eisschollen richtig antarktisch. Robben und Pinguine haben sich an die Schiffe gewöhnt, wenn diese einen Mindestabstand einhalten und der Kapitän die Maschinen weiterlaufen lässt. Die Natur soll möglichst wenig gestört werden. Das ist eines der wichtigsten Ziele, dem sich die Mitglieder der 1991 gegründeten IAATO verschrieben haben. So etwa gibt es Empfehlungen, wie nahe die Menschen sich bei einem Landgang den See-Elefanten, Pinguinen, Sturmvögeln, Kormoranen oder Raubmöwen nähern dürfen.
Viele der antarktischen Tiere haben nämlich, ähnlich wie auf den Galapagos-Inseln, vor Menschen wenig Scheu, solange sie keine schlechten Erfahrungen mit ihnen gemacht haben. Seit das große Abschlachten von Robben und Pinguinen an den Küsten und von Walen in den antarktischen Gewässern vor mehr als 50 Jahren beendet wurde, hat sich eine friedliche Koexistenz zwischen Mensch und Tier entwickelt. Von ihr profitiert der Tourismus. Und daher achten die meisten Reisebegleiter darauf, dass beim Landgang die Verhaltensregeln eingehalten werden.