Nahrung und Lebensraum fehlen : Die Zahl der Vögel geht stark zurück
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Vögel, die zu den in Deutschland bedrohten Vogelarten gehören: Das Rebhuhn (links oben), die Feldlerche (rechts oben), und der Kiebitz (links unten) sind selten geworden. Die Großtrappe ist sogar vom Aussterben bedroht. Bild: dpa
Der Rückgang der Brutvögelbestände in Deutschland hat sich beschleunigt. Schuld daran ist neben Mangel an Nahrung und Lebensraum auch der Insektenschwund. Politiker sind alarmiert.
Alle Vögel sind schon da, alle Vögel, alle ...“: So dichtete Hoffmann von Fallersleben 1835. Eigentlich wäre das berühmte Volkslied der passende Soundtrack für den Frühling, wenn es lauthals zwitschert in den Hinterhof-Kastanien der Städte, im Buchenwald oder in den Holunderbüschen am Feldweg. Eigentlich. Denn so viel „Pfeifen, Zwitschern, Tiriliern“ ist heutzutage offenbar gar nicht mehr. Darauf weisen zumindest die Grünen im Bundestag hin – und warnen vor einem „stummen Frühling“.
Anlass ihrer Sorge ist die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Steffi Lemke. Wie sich die Bestände der Brutvögel in den vergangenen zwei Jahrzehnten hierzulande entwickelt hätten, wollte sie unter anderem von der Regierung wissen. Und wie es um die Vogelpopulation in den landwirtschaftlich genutzten Räumen bestellt sei. Oder wie es der Feldlerche und dem Rebhuhn gehe.
Die Antworten sind durchaus ernüchternd. So hat sich etwa der Rückgang der Brutvogelbestände beschleunigt: Betrachtet man die vergangenen zwölf Jahre, gab es schon bei einem Drittel der Vogelarten „signifikante Bestandsabnahmen“ – über 25 Jahre war das dagegen nur bei einem Viertel der Arten der Fall.
Veränderung der Lebensräume und knapperes Nahrungsangebot
In den Agrarlandschaften der Europäischen Union sei die Zahl der Brutpaare zwischen 1980 und 2010 um 300 Millionen gesunken. Auch in Deutschland gebe es die stärksten Einbußen bei jenen Vogelarten, die in der Agrarlandschaft heimisch sind: Bei rund der Hälfte dieser Arten seien die Bestände gesunken, teilt die Bundesregierung mit.
Hingewiesen wird in der Regierungsantwort auf den „Farmland Bird Index“. Der Agrarvogel-Index attestiert etwa Rebhuhn und Haubenlerche von 1980 bis 2014 eine „starke Abnahme“, Feldlerche und Goldammer eine „moderate Abnahme“, Weißstorch und Saatkrähe dagegen eine „moderate Zunahme“. Als Faktoren für den Artenrückgang bei Vögeln nennt die Bundesregierung die Veränderung der Lebensräume, ein knapperes Nahrungsangebot oder auch die direkte Verfolgung.
Hinzu kommt der Insektenschwund: Die „Insektenbiomasse“ sei bei manchen Insektenarten um bis zu 90 Prozent zurückgegangen. Auch der Pestizideinsatz beeinflusst nach Einschätzung der Regierung die Vogelbestände – zumindest mittelbar, weil er das Nahrungs- und Brutplatzangebot verringert.
Auch international ist der Erhalt der Biodiversität schwierig
„Die Situation der Vögel ist dramatisch“, sagte die Grünen-Abgeordnete Steffi Lemke angesichts der Regierungsantwort. „Ausgeräumte Landschaften, der Einsatz von Pestiziden und der Rückgang von Nahrung schwächen die Populationen.“ Im Einklang mit ihrer Partei, die Landwirtschaft und Ökologie zu Schwerpunkten des Bundestagswahlkampfs erklärt hat, fordert sie eine „Agrarwende, die es ernst meint mit einer Landwirtschaft im Einklang mit der Natur“. Es müsse Schluss gemacht werden „mit dem massiven Gifteinsatz auf den Feldern“.
Auch international ist der Erhalt der Biodiversität, also der biologischen Vielfalt, schwierig. Eigentlich haben sich die fast 200 Staaten, die dem entsprechenden UN-Abkommen beigetreten sind, feste Ziele bis 2020 vorgenommen. Bei den allermeisten aber hinken sie hoffnungslos dem eigenen Zeitplan hinterher.