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Wale sind gut fürs Klima : Kot macht erfinderisch

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Wichtiger Eisenlieferant: Wale liefern wertvolles Düngemittel für die Tiefseepopulation Bild: UNEP/CMS

Ein Pottwal ernährt sich von 200 Tonnen Meerestieren pro Jahr. Entsprechend viel scheidet er aus. Mittlerweile weiß man: Wale düngen mit ihren Exkrementen die Meere und verbessern so die globale Kohlendioxidbilanz.

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          Wenige Sekunden hebt sich die Fluke des mächtigen Pottwals aus dem Wasser, dann rauscht das Tier von der Länge eines Sattelzuges mehr als 1000 Meter in die Tiefe. Dort unten schlagen die Giganten sich den Bauch mit ihrem Leibgericht Kalamares und Fisch voll. Um ein solches Tier, das mit 50 Tonnen weit über der Gewichtsklasse eines Lastwagens samt Anhänger liegt, satt zu bekommen, so kalkulieren Victor Smetacek vom Alfred Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven und seine Kollegen, sollten es schon 200 Tonnen Tiefsee-Tiere im Jahr sein.

          Entsprechende Mengen verlassen den Wal auf der anderen Körperseite wieder – und bringen damit das Leben im Südpolarmeer in Schwung. Schließlich erbeuten die 12.000 dort schwimmenden Pottwale pro Jahr rund 60 Tonnen Eisen, die als Spurenelemente fein verteilt in den Eiweißen ihrer Opfer stecken. Rund 50 Tonnen davon verlassen ihren Körper mit dem Kot, den die Tiere wegen des hohen Drucks nicht in der Tiefe, sondern erst in der Nähe der Wasseroberfläche loswerden. Dort aber warten schon Algen und anderes Grünzeug auf das lebenswichtige Eisen, das in den Gewässern rund um den Südpol chronisch knapp ist. Die Exkremente der Wale sind mithin ein wertvoller Dünger für das Leben im Südpolarmeer.

          Ohne Wale fehlt den Meerestieren wichtiges Eisen

          Die Erkenntnis ist natürlich nicht ganz neu. So verkauften die Bauern Mitteleuropas auf den Märkten der Städte in den vergangenen Jahrhunderten nicht nur Kartoffeln und Gemüse, sondern nahmen oft auch den Inhalt der Nachttöpfe ihrer Käufer mit aufs Land, um damit ihre Felder zu düngen und ihre Ernte zu verbessern. Nicht anders funktioniert das Eisen aus dem Waldarm, wie eine verblüffende Entwicklung zeigt: Im 19. und 20. Jahrhundert ließen Waljäger die Bestände vieler Arten dieser großen Meeressäugetiere zusammenbrechen. Die Zahl der Blauwale – der größten Tiere auf der Erde – verringerte sich um 99 Prozent, im Durchschnitt verschwanden bis in die siebziger Jahre zwischen zwei Drittel und 90 Prozent aller großen Wale aus den Meeren.

          Die meisten dieser Giganten sieben mit ihren Hornplatten im Maul gewaltige Mengen kleiner Lebewesen aus dem Wasser. Im Südpolarmeer ist es meistens ein „Krill“ genannter Krebs, der nur fünf Zentimeter groß ist. Eigentlich sollten die Bestände dieses Krills explodieren, wenn ihr wichtigster Feind verschwindet. Genau das Gegenteil aber geschah. Als in den sechziger Jahren Blauwale und andere Arten im Südpolarmeer beinahe vernichtet waren, brachen auch die Krillbestände auf ein Fünftel ein: Die kleinen Krebse weiden schließlich die Algen ab, denen der Dünger aus den Därmen der Wale fehlte.

          Wale bremsen Erderwärmung

          Mit solchen Schätzungen entlarven AWI-Forscher Victor Smetacek, Trish Lavery von der Flinders University in Australien, Steve Nicol vom Australischen Antarktis-Institut in Tasmanien und ihre Kollegen auch ein Argument mancher Fischerei-Verbände als Trugschluss: Diese sehen die großen Wale genau wie Delphine und Robben als Konkurrenten, die ihnen ihre Beute in Form von Fischen und Tintenfischen vor den Netzen wegfangen. Wieder sei genau das Gegenteil der Fall, rechnen die Forscher aus, liefere doch die Verdauung von Blauwalen mehr als deren Eigenbedarf an Fischen und Krebsen, die sich von den so gedüngten Algen ernähren. Viele Wale fördern aber nicht nur die Fischerei, sondern bremsen auch den Klimawandel. So blasen allein die 12.000 Pottwale des Südpolarmeeres pro Jahr zwar 200.000 Tonnen Kohlenstoff als Treibhausgas Kohlendioxid mit ihrem Atem in die Luft. Gleichzeitig aber liefern sie Eisendünger und lassen damit Algen, Fische und Krebse wachsen.

          Ein Teil davon sinkt irgendwann auf den Meeresgrund und nimmt dabei jedes Jahr 400.000 Tonnen Kohlenstoff mit in die Tiefe, den die Algen vorher aus dem Kohlendioxid der Luft geholt haben. In der Gesamtrechnung holen also die Pottwale des Südpolarmeeres jedes Jahr 200.000 Tonnen Kohlenstoff aus der Luft, der sonst als Kohlendioxid den Klimawandel anheizen würde. Der Kot der sich langsam erholenden Walbestände bremst also auch die globale Erwärmung ein wenig.

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