Freiflug für alle! : So hält man seine Haustiere artgerecht
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Komfortables Leben im Reihenhaus: Die Wellensittiche von Familie von Hundelshausen leben außerhalb des Käfigs. Bild: Jan Roeder
Ein Haustier soll her – ein Kätzchen oder wenigstens ein Vogel? Um die richtige Haltung sollte man sich allerdings zeitig Gedanken machen.
Schnell eintreten, Terrassentür bitte schließen. Schon schwirrt dem Besucher der Kopf, und er wird prächtig unterhalten. Durch das gemütlich eingerichtete Erdgeschoss sirren Wellensittiche, düsen schwungvoll vom Panoramafenster des Wohnzimmers nach vorn zur Küche und wieder zurück. Aufgeregt schwatzend legen sie auf schaukelnden Seilen über der Fensterbank einen Zwischenstopp ein, um dann elegant auf der Futterschale zu landen und draufloszupicken. Die Schale hält ihnen Niklas geduldig hin. Der Grundschüler ist sichtlich stolz auf die Punktlandung und genießt den Tierkontakt, „weil das in der Hand schön kitzelt“.

Redakteurin in der Wirtschaft, zuständig für „Jugend schreibt“.
Zwei andere Sittiche interessieren sich mehr für die Hirsekolben, die ihnen der ältere Bruder Moritz anbietet. Der Siebenjährige und der Zehnjährige sind mit den vier Vögeln gut vertraut. Man kennt sich, man versteht sich. Gelbi gilt als kleine Zicke, die gerne mal Sachen herunterwirft; Wildi bezaubert in Blaugrün, er ist der Mutigste; hingegen schlägt in Muti ein Angsthasenherz – was sich über den blauen Schruppi nicht sagen lässt, darin sind sich alle einig. Wird ein Stück Apfel in die Höhe gereckt, ist er als Erster zur Stelle, bis sich die anderen herangetraut haben.
Dicke Seile vor dem Wohnzimmerfenster
Ihr komfortables Leben in der Münchner Reihenhaus-Etage verdanken die Vögel ihrem Besitzer Felix von Hundelshausen, der sich mit der großzügigen Vogelhaltung einen Jugendtraum erfüllt hat. Das Wellensittich-Quartett hat es hier gut angetroffen. Es gibt einen geräumigen Käfig („da sind sie selten drin“) mit fast immer offen stehenden Türen und im Übrigen Freiflug für alle. Schon morgens sorgen die Sittiche mit ihrem aufgeregten Zwitschern für gute Laune. Vor dem Wohnzimmerfenster baumeln dicke Seile mit Schaukelplätzen und Ausgucken in ausgehöhlten Kokosnussschalenhälften. Vater und Söhne haben jüngst einen massiven Haselnussast an die Decke gedübelt, Löcher gebohrt und Kirschbaumzweige hineingedreht. Noch ist das selbstgebaute Spielzeug dem Vogel-Quartett suspekt. Nur der kecke Schruppi hat die Flügel ausgestreckt und an den Blättern gezupft. „Bald haben die anderen drei das erobert“, ist Moritz überzeugt. Nur die angebotenen Nisthöhlen werden bislang von den Weibchen verschmäht. „Das muss den Frauen gefallen, sonst wird das nichts“, weiß der Viertklässler.
Die Hundelshausen-Vögel führen ein gutes Leben. Ein relativ gutes Leben im Vergleich zu all jenen Vögeln, die dazu verdonnert sind, ihre langen Tage in einem kleinen Käfig in Einzelhaft ohne Artgenossen zu verbringen. Gut zu Tieren zu sein, darauf legt der promovierte Informatiker Wert und vermittelt das seinen Kindern. Die Blondschöpfe sind sportlich und temperamentvoll, nehmen sich aber zurück, wenn die sensiblen Sittiche ihnen auf die Hand hüpfen.
Auch der zwölf Jahre alte Sohn der Familie Ziegler geht gut und ruhig mit seinen Tieren um. Die bayrischen Instrumentenbauer halten zwei Kaninchen, die sie aus dem Tierheim geholt haben. Warme Tage verbringen das braune Löffelchen und der weiß gescheckte Widderzwerg Manni in einem Gartengehege, das über den saftigen Rasen wandert und weitergerückt wird, sobald die Mümmelmänner die langen Halme abgegrast haben.