Gepfändeter Hund : Streitgegenstand Mops
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Kein Schnäppchen: Mopsdame Edda Bild: dpa
In Ahlen wurde ein Mops gepfändet und als gesund angepriesen weiterverkauft. Doch das Tier brauchte eine Operation am Auge. Die neue Halterin forderte das Geld zurück. Die Posse landete nun vor Gericht – und der Richter zitiert Loriot.
Einen ironischen Kommentar mag sich Johannes Eienbröker zum Auftakt nicht verkneifen: „Willkommen zu diesem furiosen Rechtsstreit“, ruft der Richter den Parteien und den zahlreich im Landgericht Münster erschienen Journalisten zur Eröffnung der Verhandlung zu. Furios ist die Mops-Posse in der Tat, mit der die Stadt Ahlen Anfang des Jahres international Schlagzeilen machte. Sogar in die „New York Times“ schaffte es die Kommune im Münsterland.

Politischer Korrespondent in Nordrhein-Westfalen.
Wie alles los ging? Ein hemdsärmeliger Vollzugsbeamter der Stadt hatte die Mops-Dame Edda bei einer besonders hartnäckigen Schuldnerin gepfändet, und um das Tier möglichst rasch im Sinne der Stadt zu Geld zu machen bei Ebay-Kleinanzeigen als „kerngesund“ angepriesen. Die leidenschaftliche Mops-Liebhaberin Michaela Jordan aus Wülfrath bei Wuppertal schlug zu. Für 690 Euro. Ein Schnäppchen – auf den ersten Blick. Wenige Tage später sah sich die Polizeibeamtin schwer getäuscht, denn Edda, der sie den Namen Wilma gegeben hatte, musste mehrfach an den Augen operiert werden. Zudem benötigte die Hündin teure Medikamente und war damit laut Jordan alles andere als „kerngesund“ gewesen.
Sie will die Hündin, die ihr sehr ans Herz gewachsen sei, trotzdem unbedingt behalten, die Stadt Ahlen müsse ihr aber den Kaufpreis, die Tierarztkosten, die Fahrtkosten und schließlich auch die Behandlungskosten erstatten, die bei einer anzunehmenden Lebensdauer des Hundes von 14 Jahren noch auf sie zukämen. Insgesamt summieren sich die Forderungen, die Jordans Anwalt errechnet hat, auf mehr als 20.000 Euro. Der Vollzugsbeamte habe vorsätzlich gelogen, denn er habe gewusst, dass Edda krank und damit weniger wert war. Der Anwalt möchte ein Grundsatzurteil. Es müsse geklärt werden, ob die Pfändung überhaupt zulässig war.
Ein Grundsatzurteil wird es nicht geben
Tatsächlich dürfen Gerichtsvollzieher und Vollstreckungsbeamte in Deutschland zwar so gut wie alles pfänden – doch Haustiere sind davon ausgenommen. Eigentlich. Erlaubt ist die Pfändung aber, wenn ein Tier einen so hohen Wert hat, dass der Verzicht auf den Erlös für den Gläubiger nicht hinzunehmen wäre. Die Stadt Ahlen sieht sich im Recht. Im März ließ sie von einer namhaften Anwaltskanzlei ein 19 Seiten umfassendes Rechtsgutachten anfertigen. Demnach sei es zwar zu einer Verletzung von Form und Verfahrensvorschriften gekommen (gemeint ist die Vermarktung des Hundes über das private Ebay-Konto des Vollstreckungsbeamten), doch nach dem Abwägen aller Interessen und „unter Berücksichtigung des Schuldnerverhaltens“ sei Edda rechtmäßig gepfändet und verkauft worden. Denn bei der Vorbesitzerin in Ahlen habe eine „hartnäckige Zahlungsverweigerung“ vorgelegen. Seit 2014 beglich sie die Forderungen für diverse Leistungen wie die Ganztagsbetreuung ihrer Kinder nicht mehr. Dennoch habe sich die Familie 2017 den Mops-Welpen zugelegt – für stolze 2400 Euro. Die Hundesteuer entrichtete die Frau dann allerdings ebenfalls nicht, weshalb sich die Forderungen der Stadt zuletzt auf 7357,11 Euro summierten.
Am Mittwoch lässt Richter Eienbröker die beiden Parteien zunächst noch einmal ihre Sicht der Dinge vortragen. Es geht um Gesundheitsdetails des „streitgegenständlichen Mopses“, wie der Richter ironiefrei formuliert. Wenig später macht Eienbröker in seiner vorläufigen Rechtseinschätzung klar: Ein Grundsatzurteil wird es in der Causa Edda/Wilma nicht geben. Die Frage einer Amtspflichtverletzung könne „gänzlich offen bleiben“. In erster Linie gehe es um die Frage, ob der „Kaufgegenstand“ zum Zeitpunkt des Kaufs mangelhaft war, was ein Gutachter feststellen müsse.
So viel aber steht für den Richter schon fest: Edda in der Ebay-Anzeige als „kerngesund“ anzupreisen, sei „sehr kritisch zu sehen“. Die Gewährleistung sei nach Lage der Dinge nicht wirksam ausgeschlossen gewesen. Es läge nahe, das Geschäft einfach rückabzuwickeln. Doch das sei offensichtlich kein tragfähiger Vorschlag für einen Vergleich, die Klägerin wolle die Hündin nicht wieder hergeben, sagt Eienbröker und lächelt. Dann zitiert er Loriot. „Für Sie gilt das Motto: Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ Jordan nickt heftig.
Am 4. Dezember will der Richter seine Entscheidung verkünden. Die Kosten- und Schadenersatzberechnungen des Anwalts von Michaela Jordan hält Eienbröker zwar nicht für durchgängig nachvollziehbar. Aber einige tausend Euro dürfte die Stadt Ahlen die Mops-Posse am Ende doch kosten.