Zootiere und Corona : PCR-Tests bei Tieren gehören zum Alltag
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Totenkopfäffchen im Stuttgarter Zoo Wilhelma: „Wir achten streng auf den Abstand zwischen Besuchern und Tieren“, sagt der Direktor. Bild: dpa
Den deutschen Zoos fehlen in der Pandemie die Besucher. Die Zoologen müssen aber auch ihre Tiere vor Ansteckungen schützen. Es gelten strenge Abstandsregeln.
Corona setzt auch die deutschen Zoos unter Stress. Das liegt nicht nur am Rückgang der Besucherzahlen und den infolgedessen geringeren Einnahmen. Die Zoos müssen die Tiere auch vor Ansteckungen schützen. Die Stuttgarter Wilhelma ist der nach Besuchern und nach Tierarten zweitgrößte staatliche Zoo Deutschlands. Die Pandemie hat den Alltag in den Tierhäusern und Freigehegen verändert: „Unsere Pfleger tragen selbst bei der Futterzubereitung Masken, wir achten streng auf den Abstand zwischen Besuchern und Tieren, damit wir Ansteckungen vermeiden“, sagt Thomas Kölpin, Direktor der Wilhelma und promovierter Zoologe.
PCR-Tests bei Tieren gehören mittlerweile zum Alltag für Tierpfleger und Tierärzte: „Wenn wir ein Tier an einen anderen Zoo abgeben, machen wir die erforderlichen Gesundheitstest, seit Beginn der Pandemie gehört auch der Corona-Test dazu“, sagt Kölpin. Das geschieht auch bei der Aufnahme neuer Tiere. Ein Nasenabstrich ist bei Tieren nur nach einer Narkotisierung möglich. Getestet wird auch, wenn ein Tier schwer erkrankt oder gestorben ist.
Aufgrund der jüngsten Infektionsfälle bei zwei Nilpferdweibchen im Zoo von Antwerpen und der Erkenntnisse amerikanischer Wissenschaftler, nach denen etwa 40 Prozent der Weißwedelhirsche im Bundesstaat Ohio mit dem Coronavirus infiziert sind, sind viele Zoodirektoren noch vorsichtiger geworden. „Wir wussten ja, dass sich viele Raubtierarten und alle Primaten mit Corona anstecken können.“ Wenn sich nun Tierarten ansteckten, die als Paarhufer nahe bei Schweinen und Rindern anzusiedeln seien, dann könne das „sensationell gefährlich“ werden. Infektiologen, Epidemiologen und Tierärzte fürchten ein „tertiäres Reservoir“.
Es gibt Vermutungen, dass das Virus in China zuerst von Fledermäusen auf den Menschen übersprang. Später steckten infizierte Menschen Katzen, Hunde und auch Nerze an. Sollte das Virus nun von Tierart zu Tierart springen und unkontrolliert zirkulieren, würde sich ein neues – eben tertiäres – schwer zu kontrollierendes Reservoir für neue, möglicherweise gefährliche Mutationen bilden. „Sobald sich das Virus auf mehr Tiergruppen verteilt, wächst die Gefahr für reverse Zoonosen. Dann infizieren sich Menschen mit einer Mutante, die schon durch eine Reihe von Wirtstieren gegangen ist“, sagt der Stuttgarter Zoodirektor. In der Wilhelma – dem einzigen Landeszoo Deutschlands – fiel bislang noch kein Corona-Test an Tieren positiv aus.
Die Corona-Fälle bei den Weißwedelhirschen wurden von Wissenschaftlern der Pennsylvania State University untersucht; über welchen Infektionsweg sich die Hirsche angesteckt haben, ist aber weiterhin unklar. Es könnten Jäger, Spaziergänger oder Jagdhunde gewesen sein. Die Wissenschaftler diagnostizierten bei den Tieren Virustypen, die Anfang vergangenen Jahres in Ohio in der Bevölkerung zirkulierten.
Es ist beunruhigend, dass sich in solchen Wildtierpopulationen neue Mutanten bilden könnten oder ältere konserviert werden, die unter Menschen gar nicht mehr verbreitet sind. Weil sich Wildtiere nicht an einen Lockdown halten, können sie theoretisch ihre Mutanten auch auf große Nutztierpopulationen übertragen – zum Beispiel Schweine oder Rinder.
Aufsehenerregend für die Zoologen war der Tod von zwei Schneeleoparden in Amerika und zwei Löwen nach einer Corona-Infektion. Schwere Corona-Krankheitsverläufe ähneln denen bei Menschen. Intensivmedizinisch helfen kann man den kranken Tieren nicht: „Man kann keine Löwen in Dauerbeatmung halten“, sagt Kölpin. „Intensivstationen für Großtiere gibt es nicht.“