Streit um Sicherheitskonzept : Veranstalter lehnt Polizei auf Gelände von „Fusion“-Festival ab
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Laut Veranstalter werden etwa 70.000 Gäste zur „Fusion“ erwartet (Symbolbild). Bild: dpa
„Vier Tage Ferienkommunismus“ verspricht das „Fusion“-Festival nördlich von Berlin. Hier feierten zuletzt etwa 70.000 Menschen. Nun will die Polizei auf das Gelände, was die Veranstalter ablehnen – sie verweisen auf die „Freiheit der Kunst.“
Um das Sicherheitskonzept für das alternative Kulturfestival „Fusion“ in Lärz (Mecklenburgische Seenplatte) gibt es Streit. Polizei und Landkreis haben die Organisatoren aufgefordert, Mängel im Konzept zu beheben und Kontrollen auf dem Gelände zuzulassen, wie Landrat Heiko Kärger (CDU) am Montag der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Die Sicherheitsbelange für solch eine Großveranstaltung müssen erfüllt werden“, sagte Kärger. Laut Veranstalter werden etwa 70.000 Gäste zu dem Festival erwartet. Keiner wolle Probleme, wie es sie beim Love-Parade-Unglück mit 21 Toten 2010 in Duisburg gab.
Die Veranstalter vom Verein Kulturkosmos wollen das Event ab 26. Juni zwar stattfinden lassen, werfen dem Neubrandenburger Polizeipräsidium aber vor, das Festival mit überzogenen Forderungen ganz verhindern zu wollen. „Wir werden ausreichende Fluchtwege ausweisen und auch andere Auflagen erfüllen, wie in den Vorjahren“, sagte Kulturkosmos-Sprecher Jonas Hänschel am Montag in Berlin. Die Polizei wolle aber eine Polizeiwache mitten auf dem Festivalgelände und zudem eine „anlasslose und verdachtsunabhängige Bestreifung durch uniformierte und verdeckte Polizeibeamte“.
Wegen der „Freiheit der Kunst und der freien Entfaltung der Gäste“ lehne man dies ab, hieß es. Polizeistreifen würden von den Gästen als Einschüchterung aufgefasst, meinte Hänschel. „Damit werden Bürgerrechte eingeschränkt“, sagte er. Bei echten Anlässen sei die Polizei in der Vergangenheit auch auf das Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes gelassen worden. Weil der Landkreis aber am Ende alles bewerte und entscheide, werde die „Fusion“ in diesem Jahr letztlich wohl stattfinden. Zudem werde man sich rechtlich gegen „überzogene Polizei-Forderungen“ wehren. Unklar sei auch, ob es das Festival in den nächsten Jahren in Lärz weiterhin geben wird.
Die „Fusion“ gebe es seit 1997 und sei international bekannt für seine friedliche und verantwortungsvolle Atmosphäre. Die Sicherheit werde von einem professionellen Sicherheitsdienst und insgesamt mehr als 10.000 Mitarbeitern und Helfern gewährleistet. Damit komme ein Mitarbeiter auf sieben Festivalgäste, was keine andere Großveranstaltung in der Bundesrepublik nur annähernd erreiche.
„Komisches Verhältnis“ zur Polizei
Landrat Kärger mahnte hingegen mehr Kooperationsbereitschaft seitens der Veranstalter an. Es sei ein „komisches Verhältnis“, wenn man die Polizei nicht auf dem Gelände haben wolle. Zudem sei genau nachzuweisen, dass auch Leute als Ordner fungierten, die auch als Ordner geeignet seien. Die Gefahrenlage in der Welt sei heute vielleicht anders zu bewerten, als in der Vergangenheit.
Veranstalter müssen Sicherheitskonzepte für solche großen Festivals jährlich vorlegen und an gesetzliche Vorgaben anpassen. Das gesamte Verfahren für dieses Jahr läuft seit November 2018. „Es ist nun mit den Forderungen des Polizeipräsidenten eskaliert“, sagte Hänschel. Das werde man nicht hinnehmen. Insgesamt biete das Ex-Flugplatzgelände mit vielen Hangars sogar Platz für bis zu zwei Millionen Gäste.
Die Organisatoren der „Fusion“ versprechen ab 26. Juni „Vier Tage Ferienkommunismus“. Eine Karte kostet rund 145 Euro. Die Tickets sind immer bereits im Dezember nach kurzer Zeit ausverkauft.
2018 waren rund 300 Polizeibeamte in der Region während des Festivals im Einsatz, meist vor dem Zaun. Es wurden rund 400 Ermittlungen wegen Verdachts auf Betäubungsmittel am Steuer oder wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz gegen Gäste und Anreisende eingeleitet.
Als Beweis für die friedliche Stimmung nannte der Sprecher des Vereins Kulturkosmos die Zahl von im Schnitt 2,5 Gewaltdelikte pro Festival bei der „Fusion“. Das wollte eine Polizeisprecherin nicht bestätigen. Die Beamten würden nicht zu jedem Delikt auf das Gelände geholt. So habe man von manchem Vorfall, wie zum Beispiel einem Flaschenwurf, erst durch den „Newsletter“ des Vereins gehört. Es komme auch vor, das Geschädigte einen Raub auch erst nach dem Festival anzeigten, dann fehlten oft Beweismittel.