Syrische Restaurantbetreiber : Integration zum Schmecken
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Ihr Zuhause ist jetzt nicht mehr Damaskus, sondern Schweinfurt: Rawaa al-Taani und Mohamed Ghadab Bild: Tobias Schmitt
2015 kamen Rawaa al-Taani und Mohammed Ghadab nach Deutschland. Im Gepäck: der Traum vom eigenen Restaurant. Wie viele andere Syrer fand das Paar in der Gastronomie eine neue Heimat.
Am 19. Dezember 2020, als der Lockdown die deutschen Innenstädte leer gefegt hatte und immer mehr Lokale ihre Türen für immer schlossen, an diesem Tag eröffneten Rawaa al-Taani und Mohammed Ghadab ihr Restaurant in der Schweinfurter Innenstadt. Zwei Jahre lang hatten sie den heruntergekommen Laden renoviert. Hatten Wände verputzt, Fliesen verlegt, Fenster, Türen und Elektrik erneuert. Am Wochenende und nach der Arbeit, oft bis nach Mitternacht. Nun wollte das Paar aus Syrien nicht länger warten.
Eine Restauranteröffnung mitten im Lockdown? Ihre Freunde hätten sie für verrückt erklärt, erzählt der 34-Jährige. „Die haben wahrscheinlich gedacht, was ist mit diesem arabischen Mann? Der ist im Kopf kaputt!“ Am Abend des Eröffnungstages aber seien sie völlig ausgehungert nach Hause gekommen. Es war so viel los, dass sie keine Zeit für Pausen hatten.
„Yalla Yalla“, haben sie ihr Lokal genannt: Auf geht’s. Zack, zack. Es passt zum Essen des Restaurants, den gefüllten Pitabroten und Falafel-Sandwiches, die man schnell aus der Hand essen kann. Und es passt zu seinen Besitzern, die sich mit Tatkraft und Entschlossenheit in nur wenigen Jahren ihren Wunsch vom eigenen Restaurant erfüllt haben.
Kochen lernte sie von ihrer Mutter
Es ist ein Sonntagnachmittag, als die jungen Unternehmer in ihrem Lokal sitzen und von den Anfängen erzählen. Noch ist es ruhig, eine kleine Verschnaufpause zwischen Mittags- und Abendgeschäft. Nur eine syrische Familie sitzt am Nebentisch vor großen Tellern mit gebratenem Hähnchen und Reis.
Sechs Jahre ist es nun her, dass das Ehepaar (in Syrien behalten Eheleute ihren Nachnamen auch nach der Hochzeit) seine Heimatstadt Damaskus verlassen hat. Ghadab führte dort eine Schneiderei mit 17 Angestellten, seine Frau arbeitete in der Küche eines Krankenhauses und träumte schon damals von der eigenen Gaststätte. Sie stammt aus einer großen Familie mit acht Schwestern, sieben Brüdern und einer Mutter, die jeden Tag für ihre Lieben gekocht hat. „Das Kochen habe ich alles von ihr gelernt.“
Eine schöne Stadt sei Damaskus gewesen, sagt Mohammed Ghadab. Er erinnert sich an die belebten Straßen, an den Jasminduft in den Parks, an den Suq al-Hamidiya, den Basar, dessen Stände sich kilometerlang aneinanderreihten. Er googelt nach Bildern auf seinem Handy: „Hier sehen Sie, wie schön das war!“
Doch das Leben in Syrien sei mit jedem Jahr schlimmer geworden. Mitarbeiter erschienen von einem Tag auf den anderen nicht mehr zur Arbeit, Freunde kamen nicht vom Einkaufen zurück. „Das Sterben war normal“, sagt Rawaa al-Taani. Schweren Herzens ließ das Paar Heimat, Freunde und Familie zurück und machte sich auf den Weg nach Europa. Über die Balkanroute kamen die beiden im August 2015 nach Deutschland. Nach wenigen Monaten in Stuttgart zogen sie weiter nach Schweinfurt, eine 50.000-Einwohner-Stadt im fränkischen Weinland.