Portrait : Alles unter ihrem Schirm
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Und so weiß Eva Köhler auch, daß "Big Brother" "die Sendung mit dem Container" ist, auch wenn sie das "nicht wirklich interessiert". Vor allem aber bekomme sie durch ihre beiden Kinder, die in Deutschland studieren, und durch Gespräche mit ihren Schwestern, denen sie sehr nahestehe, mit, was in Deutschland passiere. Mit den Kindern, der 31 Jahre alten Ulrike, die in Frankfurt Germanistik, Englisch und Italienisch studiert, und dem 27 Jahre alten Sohn Jochen, der wie sein Vater Volkswirt werden will und in Köln studiert, telefoniert sie etwa jeden zweiten Tag. "Das hier ist zwar jetzt das Zuhause", sagt Eva Köhler und beschreibt mit dem Arm eine Runde durch Küche, Garten- und Wohnzimmer. "Aber wirklich zu Hause sind wir eigentlich in Deutschland."
Repräsentieren, Gäste empfangen und sich engagieren
Nach Washington kam das Ehepaar Köhler vor vier Jahren, nach einem zweijährigen Aufenthalt in London, wo Horst Köhler Chef der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung war. Zu Amerika und den Amerikanern habe sie "eine sehr positive Grundeinstellung", sagt Eva Köhler. Die Nachbarn seien reizend. "Und daß Kassiererinnen Ihnen im Supermarkt Komplimente zu Ihren Ohrringen machen, würde bei uns in Deutschland wahrscheinlich so nicht passieren." Froh ist die potentielle First Lady aber darüber, daß sie bislang keine Bekanntschaft mit der amerikanischen Polizei machen mußte, "die ja nicht gerade zimperlich vorgeht". Nicht geheuer ist ihr auch, daß es in Amerika recht einfach sei, an Waffen heranzukommen. Außerdem findet sie es "nicht gut", daß man in den Vereinigten Staaten so leicht verklagt werden könne "und entweder ganz reich oder ganz arm sein muß, um das dann auszuhalten".
Eva Köhlers Pflichten in Washington ähnelten in vieler Hinsicht den Aufgaben, die sie demnächst wahrscheinlich in Berlin erwarten: repräsentieren, Gäste empfangen und sich für gute Zwecke engagieren. Als Frau des IWF-Chefs war sie zum Beispiel Ehrenvorsitzende der Vereinigung, die sich um die Partner und Familienangehörigen der IWF-Mitarbeiter kümmert. Zu Eva Köhlers Lieblingsprojekten gehörte ein Buch, das Jugendlichen die Arbeit der Organisation besser verständlich machen soll.
Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und in der Zeit, als die Heckenschützen im Umkreis von Washington ihr Unwesen trieben, war sie im IWF außerdem als Ratgeberin, Trösterin und Mutmacherin gefragt. Überdies waren unter ihrer passionierten Vorgängerin Brigitte Camdessus zahlreiche Initiativen und Projekte für die Familienangehörigen der Fondsmitarbeiter entstanden. Deshalb gab es hochgesteckte und womöglich auch übertriebene Erwartungen an die neue Ehrenvorsitzende, die zum Teil in Spannungen und Enttäuschungen mündeten.
Musik liegt in der Luft
Wenn Eva Köhler sich und anderen eine Freude machen will, dann singt sie. "Am liebsten Motetten und Requien." Musik spielte schon in ihrem Elternhaus eine wichtige Rolle. Die Mutter, Irma Bohnet, spielte Klavier, und der Vater, Albrecht Bohnet, ein Bankkaufmann, der gerne Sänger geworden wäre, stimmte dazu Lieder an. Er komponierte auch selbst Liedchen, die seine drei Töchter zum besten gaben und die dann sogar auf Schallplatte aufgenommen wurde. Ein Kompendium dieser Hausmusik gibt es noch.
Zum 50. Geburtstag habe sie von ihrem Mann eine CD mit den alten Liedern bekommen, erzählt Eva Köhler. Im Elternhaus wurzelte auch ihre Neigung zu den Sozialdemokraten. Ihre Examensarbeit an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, wo die angehende Lehrerin Literatur, Geschichte und Politik studierte, schrieb sie über die Anfänge der Gewerkschaftsbewegung. Anfang der siebziger Jahre, nach Heirat und Geburt ihrer Tochter in Herrenberg-Mönchberg bei Tübingen, wo die Familie ein Haus gebaut hatte, wurde sie SPD-Mitglied. Die Begeisterung für Willy Brandts Ostpolitik sei der Grund dafür gewesen, erläutert Eva Köhler. Die Politik von "Brandt-Enkel" Oskar Lafontaine gefiel ihr dagegen überhaupt nicht mehr. Deshalb gab sie 1990 ihr Parteibuch zurück.