Neuer Flughafen in Quito : Nur die Nebelgefahr ist geblieben
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Die Landebahn des alten Flughafens in Quito ist nur knapp drei Kilometer lang, der Airport galt als einer der gefährlichsten der Welt. Bild: Roland Grätsch
Quito schließt den alten, gefährlichen Airport mitten in der Stadt und eröffnet in einem Nachbartal einen der modernsten Flughäfen Lateinamerikas.
Wie eine Lämmerherde stehen die soeben aus dem Landesinneren eingetroffenen Fluggäste geduldig vor einer verschlossenen Tür. Warum sie versperrt ist, weiß niemand. Nach einer ganzen Weile erst öffnet sie sich. Warum die Inlandspassagiere anschließend die Ausweiskontrolle passieren sollen, bleibt ebenso unverständlich. Sollen sie eigentlich auch gar nicht. Falsch platzierte Hinweisschilder haben sie in die Irre geführt. Die Pass-Kontrolleure scheuchen die Meute zu den Gepäckbändern der Inlandsankunft. Ausgefallene oder verlegte Flüge, Verspätungen, bockende Flugsteigfinger, lange Schlangen an den Abfertigungsschaltern, Konfusion an den Gepäckbändern: Trotz aller Pannen hat Ecuadors Hauptstadt Quito ihren neuen Flughafen Mitte vergangener Woche in Betrieb genommen und den alten, einen der gefährlichsten der Welt, stillgelegt. Das befürchtete ganz große Chaos ist ausgeblieben.
„Man muss es den Verantwortlichen nachsehen, das dauert, bis sich der Betrieb eingespielt hat“, sagt eine junge Ecuadorianerin, die eine dreiviertel Stunde nach ihrer Ankunft noch immer geduldig nach ihrem aufgegebenen Gepäck sucht. Der Umzug von der Stadtmitte in ein benachbartes Tal bei dem Ort Tababela, 20 Kilometer vom alten Flugfeld entfernt, ist weitgehend reibungslos verlaufen. In der Nacht zum 20. Februar wurden alle für den Flugbetrieb unbedingt noch notwendigen Gerätschaften hinübergeschafft, 90 Prozent der technischen Einrichtungen sind allerdings funkelnagelneu und erfüllen modernste Anforderungen. Wenn sich alles eingespielt hat, könnte der neue Flughafen, der wie der alte nach dem südamerikanischen Befreier Antonio José de Sucre benannt ist und „Mariscal Sucre“ (Marschall Sucre) heißt, ein Vorzeige-Airport werden.
Eine Zeitlang werden aber sowohl abfliegende als auch ankommende Passagiere noch ein Martyrium durchzustehen haben. Statt wie bisher den Weg zum Flughafen in wenigen Minuten zurückzulegen, müssen sie eineinhalb bis zwei, zu Hauptverkehrszeiten möglicherweise auch drei Stunden einkalkulieren. Die dringend notwendige Schnellstraße ist nicht rechtzeitig fertig geworden. Taxis, Busse und Privatautos müssen sich einstweilen durch kurvenreiche Engstellen sowie über eine schmale Brücke quälen und werden an Ampeln aufgehalten. „Die Entfernung ist nicht das Problem, es ist einfach mühselig, die Strecke zu bewältigen“, sagt ein Chauffeur, der sie bereits mehrfach bewältigt hat. Wenn die Schnelltrasse fertiggestellt ist, dürfte die Fahrt nur noch 20 Minuten dauern.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge haben sich die Bewohner Quitos vom alten Flughafen verabschiedet. Viele von ihnen vermissen den Anblick der Flugzeuge, die zum Greifen nah über den Hausdächern einschwebten. Inzwischen ist nur gelegentlich ein fernes Grummeln zu vernehmen, wenn Flugzeuge beim Anflug auf den neuen Airport das Stadtgebiet streifen. Einige Flughafen-Anrainer hatten an den ersten Tagen nach der Schließung des alten „Mariscal Sucre“ regelrechte Entzugserscheinungen und fanden keinen Schlaf, weil ihnen die vertraute Geräuschkulisse fehlte. Die meisten zeigten sich jedoch erleichtert, dass die Düsendröhnung sie nicht mehr in ihrer Nachtruhe stört und die Gefahr einer Katastrophe gebannt ist.
Als der Flughafen 1960 eröffnet wurde, lag er außerhalb des Stadtgebiets, bald war er jedoch mit dem wuchernden Häuserdschungel verwachsen. Jeder Zwischenfall bei Start oder Landung eines Flugzeugs hätte ganze Stadtviertel zerstören können. Tatsächlich kam es zu elf schwereren Unfällen, bei denen 162 Menschen getötet wurden. Schon am 7. Dezember 1960, einen Monat nach der Eröffnung, flog eine Fairchild F-27 gegen einen Berg, 37 Personen starben. Im September 1984 kamen bei dem misslungenen Start einer DC-8 der ecuadorianischen Frachtgesellschaft Aeca 49 Personen ums Leben, vor allem Bewohner einiger Häuser, in die die Maschine gerast war.