Millionen Internetnutzer umgelenkt : Chinas Zensoren tricksen sich selbst aus
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Große Schwester: Die „Great Firewall“ soll wie die chinesische Mauer für Internetnutzer unüberwindbar sein. Bild: REUTERS
Bei Arbeiten an der großen Firewall, die Internetinhalte für chinesische Nutzer sperrt, wurden diese ausgerechnet auf eine Anti-Zensur-Seite in Amerika umgelenkt. Die Regierung spricht von Sabotage - doch Schuld waren offenbar technische Probleme.
In China hat die Internet-Zensur womöglich ein spektakuläres Eigentor geschossen. Bei einem massiven Netzausfall am Dienstag wurden Millionen von Nutzern ausgerechnet auf eine amerikanische Webseite umgeleitet, die mit der in der Volksrepublik verfolgten Religionsgemeinschaft Falun Gong in Verbindung steht. Den Insiderinformationen zufolge waren die Störungen - anders als von der Regierung dargestellt - nicht auf einen Hackerangriff zurückzuführen. Das Ereignis dürfte vielmehr Folge eines technischen Fehlers der Zensoren selbst gewesen sein, erfuhr Reuters aus Kreisen, die mit der Netzkontrolle der Regierung vertraut sind. Wahrscheinlich sei eine Panne bei Arbeiten an der sogenannten „Great Firewall“ (Große Schutzmauer) passiert, mit der die Kommunistische Partei den Zugang zu unliebsamen Internetseiten blockiert.
Am Dienstag war es zu gewaltigen Fehlsteuerungen im Netz gekommen. In Hunderten von Millionen Fällen hatten Chinesen vergeblich versucht, auf populäre heimische Webseiten zu gelangen. Stattdessen wurden sie umgeleitet und landeten ironischerweise auf der Seite eines amerikanischen Unternehmens, das Chinesen bei der Umgehung der Zensur helfen will. Die Firma Dynamic Internet Technology (DIT) bietet entsprechende Dienstleistungen an und ist mit Falun Gong verbunden, die in der Vergangenheit für Hackerattacken verantwortlich gemacht wurde.
Rechner der Großen Brandmauer sind Schuld
Ein Sprecher des Außenministeriums bekräftigte dagegen am Mittwoch, dass Sabotage Ursache für den mehrstündigen Ausfall gewesen sei. Die Urheber und deren Vorgehensweise seien allerdings nicht bekannt. Nach Darstellung des staatlichen chinesischen Internet-Informationszentrums CNNIC kam es zu einer Fehlfunktion der Server, die den Internetverkehr lenken. In der Folge seien Nutzer zu einem Rechner weitergeleitet worden, über den die Homepage der Firma DIT läuft. Unklar blieb allerdings, weshalb sie ausgerechnet auf dieser Seite landeten.
Unabhängigen Experten zufolge wurde die Störung wohl in China ausgelöst. Alles weise darauf hin, dass es die Rechner der Großen Brandmauer selbst gewesen seien, sagte Professor Xiao Qiang von der UC Berkeley School of Information in den Vereinigten Staaten. Ähnlich äußerte sich DIT-Gründer Bill Xia, der Falun Gong angehört.