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Es bedient nur noch der Kiosk : Will die Post keine Post mehr sein?

Ein Bild aus alten Zeiten Bild: Picture Alliance

Wir müssen draußen warten: Die Post möchte immer weniger Post spielen und lässt andere unsere Pakete annehmen. Was bedeutet das für die Kunden?

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          Neulich wollte ich mal wieder in eine Postfiliale, um Pakete aufzugeben. Die Filiale, die ich meist aufsuchte, war ein großer Raum in einem neoklassizistischen Gebäude, in dem es recht voll werden konnte, je nachdem, ob vier, drei oder gar nur zwei Schalter geöffnet waren. An diesem Tag war es völlig leer: Die Filiale war geschlossen. Und zwar, wie ich inzwischen weiß, schon seit vergangenem Sommer.

          Jörg Thomann
          Redakteur im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Die Filiale drei Haltestellen weiter, auf die mich ein Zettel an der Tür verwies, kannte ich schon: Da hatte ich immer mal wieder Pakete abholen müssen. Sie liegt in einem schlichten Wohnhaus und ist eigentlich ein Kiosk. Weil dort immer nur ein einziger Verkäufer Schicht hat, sind die Schlangen mindestens so lang wie bei der alten Post, und weil der Raum viel kleiner ist, stehen die meisten Leute draußen. Das kommt einem nicht eben wie Fortschritt vor.

          Für die Kioskbetreiber ist das sicher gut. Früher haben sie nur Zeitschriften, Zigaretten und Wasserpfeifen verkauft, doch die Leute lesen immer mehr online und rauchen weniger. In dem Kiosk, der nun meine Postfiliale ist, kommt man an die verbliebenen paar Zeitschriften auch nur noch schwer heran, weil Pakete davorstehen.

          Nicht so richtig kundenorientiert

          Die Post selbst erklärt auf ihrer Website, dass sie schon seit 1993 mit Kaufleuten zusammenarbeite, welche „Postdienstleistungen ergänzend zu ihrem Kerngeschäft“ anböten. Die Postkunden profitierten dabei von „einzelhandelstypischer Kundenorientierung“, preist die Post das Modell und räumt damit im Grunde ein: So richtig kundenorientiert sind wir selbst ja eher nicht. Außerdem bekämen die Kunden so die „Möglichkeit zu Verbundeinkäufen“, heißt es weiter, und wer weiß: Vielleicht nehme ich mir im Verbund mit dem hinterlegten Päckchen ja mal eine Wasserpfeife mit.

          Natürlich will niemand über Jahrzehnte den immer gleichen Job machen. Und die Post, die den ihren schon Jahrhunderte macht, mag nicht nur Pakete seltener annehmen, sie will sich, weil sie sparen muss, auch mehr Zeit bei den Briefen lassen (das Mediengerücht, sie wolle Briefe nicht mehr überallhin liefern, hat sie aber dementiert). Dass E-Mails billiger, schneller und umweltschonender sind als die von ihnen nach und nach verdrängten Briefe, weiß auch ich – und betrachte es doch mit Wehmut, dass die Post sich aus unserem Alltag zurückzieht.

          In Italien hingegen sollen selbst ländliche Filialen erhalten bleiben und noch ausgebaut werden zu Meldestellen und Elektrotankstellen. Unserer Post wünsche ich, dass sie recht bald eine neue Erfüllung findet. Vielleicht ja im Verkauf von Zeitschriften, Zigaretten und Wasserpfeifen.

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