Chaos im Kinderzimmer : Wie bringt man Kinder zum Aufräumen?
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Spielsachen auf dem Fußboden – wann soll man neben Arbeit und Familie zum Aufräumen kommen? Bild: plainpicture/Jana Kay
Bei der Frage um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird eins oft vergessen: der Haushalt. Über ein mühseliges Dauerthema.
Es gibt Tage, da finde ich mich mit dem Chaos ab. Und es gibt Tage, an denen ich unsere Wohnung mit den Augen anderer Menschen sehe, mit denen des Klavierlehrers, der Nachbarin, des Paketboten oder des Stromablesers, und ich vergegenwärtige mir, was sie sehen: einen nicht abgeräumten Frühstückstisch, zwei Dutzend Legosteine auf dem Wohnzimmerteppich verteilt, die halb zusammengelegte Wäsche auf dem Sofa und zwei Kinderzimmer, in denen alles drüber und drunter liegt. Und ich kann in ihren Blicken die Frage ablesen: Wie sieht es denn hier aus?
Auf Ratgeberseiten für die berufstätige Mutter steht gerne folgender Tipp: „Lassen sie Fünfe grade sein, was den Haushalt betrifft. Sie müssen nicht perfekt sein!“ Keine Angst, das bin ich auch nicht, ich bin Lichtjahre davon entfernt. Aber es ist ein Unterschied, kokett zu sagen, „Ich bin halt nicht perfekt“ – oder die Besitzerin einer Wohnung zu sein, die an manchen Tagen für eine Messi-Doku auf RTLII taugen könnte.
In den Debatten über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, in denen es vornehmlich darum geht, ob die Kinder gut betreut sind, wenn die Mutter wieder arbeitet, fällt eines meistens unter den Tisch: der Haushalt. Und mit ihm die drängenden Fragen: Wer kümmert sich darum? Wer räumt auf? Wer macht die Betten? Wer legt die Wäsche zusammen, die – wer eigentlich? – vorher gewaschen hat? Und wann macht er/sie/es das? In der quality time, die eigentlich für die Kinder vorgesehen ist? Um 21 Uhr abends, wenn sie endlich im Bett sind? Morgens um 5.30 Uhr?
Die große Schwester macht mehr als die kleine, Mama mehr als Papa
Aufräumen ist ein Dauerthema in Familien. Ein stetes Verhandeln, wer macht was, und ein stetes Lamento, dass einer immer mehr macht als der andere. Die große Schwester macht mehr als die kleine, Mama mehr als Papa. Oder umgekehrt. Oder, das ist nicht selten die Regel, es bleibt überhaupt alles an Mama hängen.
Neulich, als ich meine Tochter zum wiederholten Male aufgefordert hatte, ihr Zimmer aufzuräumen, sagte sie den bemerkenswerten Satz: „Mama, Aufräumen liegt mir einfach nicht im Blut.“ So als wäre Aufräumen ein Talent wie gut malen oder reiten zu können, etwas Kreatives, was man vielleicht mal zu seinem Hobby macht. Natürlich musste ich lachen über ihren Ausspruch, denn er war wenigstens originell zu den üblichen Ausreden: „Später, ich muss unbedingt noch das Buch fertig lesen“, oder: „Mache ich gleich, Mama, ganz bestimmt, wenn ich die CD fertig gehört habe.“ – „Wenn ich meine Whatsapps gelesen habe.“ – „Wenn ich fertig geträumt habe.“ – „Wenn ich tatsächlich aus Versehen mal eine Minuten Zeit habe.“ Die Worte „gleich“, „später“, „morgen“ haben dann bei der Erziehungsberechtigten ein ähnliches Sprengsatz-Potential wie bei Hausaufgaben, die im Ranking der unbeliebtesten Tätigkeiten bei Kindern zwischen drei und 18 Jahren durchaus mit dem Aufräumen konkurrieren.
Dabei kann ich es, wenn ich ehrlich bin, meinen Kindern nicht verdenken. Auch ich hatte als Kind keine Lust aufzuräumen. Ich habe noch die Satzfetzen meiner Eltern im Ohr: „Ich sag’s zum letzten Mal“, „Als hätte eine Bombe eingeschlagen“. Nach dreimaliger Aufforderung ohne Reaktion kam meistens der geflügelte Satz meines Vaters: „Ich kann mir mal wieder den Mund fusselig reden.“ Das brachte aber auch nichts, es setzte allenfalls meine kindliche Phantasie in Gang, wie wohl eines Tages der Mund meines Vaters aussehen würde, wenn er nur noch aus Fusseln besteht.