Gleichberechtigung : Warum Männer Feministen werden sollten
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Teilnehmer beim „Women’s March“ in New York im Januar 2020 Bild: AFP
Als Mann Feminist werden? Sie verdrehen die Augen? Dabei lassen sich dafür gute Argumente ins Feld führen – nicht nur zum heutigen Weltfrauentag. Zum Beispiel dies: Wenn Sie Feminist werden, tun Sie sich auch selbst was Gutes. Ein Gastbeitrag.
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau hat sich selbst dazu erklärt. Der Sänger der Band U2, Bono, ist einer. Und der Tennisspieler Andy Murray vermutlich auch: ein männlicher Feminist. Trudeau ist mit einem paritätischen Kabinett angetreten und hat immer wieder gesagt, dass er sich so lange als Feminist bezeichnen werde, „bis das nur noch mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen wird“. Bono setzt sich für benachteiligte Frauen und Mädchen ein und wurde 2016 von der Zeitschrift „Glamour“ als „Frau des Jahres“ ausgezeichnet. Und Murray hat sich nicht nur von dem ehemaligen französischen Tennisprofi Amélie Mauresmo trainieren lassen, sondern korrigiert auf Pressekonferenzen so unermüdlich wie missmutig männliche Journalisten, die über die Leistungen und Titel von Frauen im Tennis hinweggehen.
Es gibt also tatsächlich Männer, die Feministen sind. Manche stellen einfach nur öffentlich fest, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sein sollten. Andere, wie der Survival-Experte und Menschenrechtsaktivist Rüdiger Nehberg, gründen eine Organisation, um weibliche Genitalverstümmelung zu beenden. Was einen Feministen genau ausmacht, ist also nicht ganz klar.
Was bedeutet das nun für Sie als Mann? Feminismus ist keine eingetragene Marke. Innerhalb des feministischen Spektrums gibt es zu Themen wie Kopftuch, Pornographie, Sexarbeit und Transgender widersprüchliche Positionen. Wenn Sie sich da positionieren, ja, selbst wenn Sie alle Auffassungen einer Feministin teilen würden, hätte sie immer noch allen Grund, skeptisch zu bleiben. Denn bloße verbale Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger Verhaltensstarre ist bei Themen rund um die Geschlechtergerechtigkeit ein weitverbreitetes Phänomen. Feminist zu werden, um sich Feministinnen anzudienen, funktioniert also nicht. Und das ist auch gut so.
Feminismus ist keine Sekte, sondern eine politische Idee
Sollten Männer dann überhaupt Anstrengungen unternehmen, um feministisch zu handeln? Offenbar gibt es ja kaum bis keine Pluspunkte zu sammeln. Frauen bleiben kritisch, Männer beschimpfen einen hier und da als Geschlechtsverräter, lila Pudel oder Beischlafbettler, und direkte Vorteile sind auch nicht in Sicht: Feminismus ist keine Sekte, die einem Zugang zu den elitären Kreisen Hollywoods verschaffen kann, und auch kein Geheimclub, bei dem jemand einen Riegel auf Augenhöhe beiseiteschiebt und Sie das Losungswort sagen müssen. Feminismus ist eine politische Idee und eine Ermächtigungsstrategie. Er kämpft für Gleichberechtigung statt für Gleichmacherei. Er stellt die Machtfrage, fordert Diskriminierungsfreiheit und streitet für diejenigen, die strukturell Benachteiligung erfahren.
Aber deswegen Feminist werden?
Wäre eine gute Wahl. Nicht nur mit Blick auf Ihre Mütter, Töchter, Schwestern, Partnerinnen und all die anderen Frauen in Ihrem Leben, sondern auch für Sie ganz persönlich. Zum einen, weil Sie dann nicht zu all den Ärschen gehören, die glauben, dass es in Ordnung ist, wenn ein Mann seine Frau schlägt. Laut einer aktuellen Studie der Vereinten Nationen findet das erschreckenderweise ein Drittel der Weltbevölkerung okay.
Ihnen würde nicht länger die Männlichkeit abgesprochen
Zum anderen, weil die Durchsetzung zentraler feministischer Forderungen dazu führen würde, dass man Ihnen nicht länger sagen würde, dass Sie gefälligst arbeiten gehen müssen, statt mehr als zwei Monate Elternzeit zu nehmen. Ihnen würde nicht länger die Männlichkeit abgesprochen, wenn Sie vor Schmerz winseln würden, wenn Sie nicht mehr leistungsfähig wären, psychische Probleme hätten oder Gewalt erfahren müssten. Sie würden nicht ständig dazu aufgefordert, über Ihre Grenzen zu gehen, sich zusammenzureißen und gefälligst nicht so rumzuheulen.