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Streit an Universität Münster : Wilhelm II. muss weg – aber Westfalen?

Blick auf das Fürstbischöfliche Schloss, Sitz der Westfälischen Wilhelms-Universität. Bild: dpa

Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster will ihrem Namenspatron entsagen. Dass auch das Attribut „westfälisch“ wegfallen soll, fällt manchem erst jetzt auf.

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          Ein kurzer Prozess nach dem Motto „Wir wollen unseren Kaiser Wilhelm nicht mehr haben“ war es wirklich nicht. Ausführlich hat sich die bisherige Westfälische Wilhelms-Universität (WWU) mit ihrem Namenspatron Kaiser Wilhelm II. be­schäftigt – in einem längeren Forschungs- und Diskussionsverfahren, mit einer öffentlichen Ausstellung und auf einer Internetseite.

          Reiner Burger
          Politischer Korrespondent in Nordrhein-Westfalen.

          Die im Jahr 1780 gegründete Hochschule trägt seit dem Jahr 1907 den Namen von Wilhelm II., weil ihr der letzte Kaiser Deutschlands fünf Jahre zuvor erst wieder den Universitätsstatus verliehen hatte.

          „Militaristisch, antislawisch, antisemitisch“

          Westfälische Wilhelms-Universität – diese Marke hat schon wegen der Alliteration einen gewissen Wohlklang. Dennoch wuchs in den vergangenen Jahren in Münster das Unbehagen, das der Historiker Olaf Blaschke im Frühjahr 2020 in einem Bericht für den Senat wissenschaftlich unterfütterte.

          Es bestehe kein Zweifel, dass „Wilhelm II. überaus militaristisch, antislawisch und geradezu obsessiv antisemitisch war“, hieß es darin. Ein Vorbild könne eine solche Person nicht sein.

          So gesehen war es dann keine Überraschung mehr, dass sich der Senat Ende Januar in einer Probeabstimmung mit überwältigender Mehrheit gegen Wilhelm aussprach, weil – wie Rektor Johannes Wessels hernach strikt nach den Regeln einfacher Sprache formulierte – der letzte deutsche Kaiser „viel Böses“ getan habe. Seither kann als sicher gelten: Am 5. April wird das Gremium die Umbenennung beschließen.

          Auf den letzten Metern in die neue Hochschulzeit ohne Wilhelm wächst reichlich spät ein weiteres Unbehagen. Denn erst nun wird manchem Westfalen bewusst, dass neben dem Namen des notorisch zum politisch verhängnisvollen Wortschwall, zur Zuspitzung und Vereinfachung neigenden Kaisers gleich auch noch das Attribut „Westfälisch“ verschwinden soll; die Exzellenzhochschule will sich künftig schlicht Universität Münster nennen. Hat womöglich auch Westfalen „viel Böses“ getan?

          Höchste Zeit jedenfalls, dass sich das organisierte Westfalentum – darunter der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der Westfälische Heimatbund, der Sparkassenverband Westfalen-Lippe oder die Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe – endlich zu Wort meldet. „Für den Verzicht auf ‚Westfalen‘ im Namen der Universität gibt es keinen Grund“, heißt es in ihrem gemeinsamen Brandbrief an Rektor Wessels.

          „Westfälisch“ sei ein etabliertes, bekanntes und darüber hinaus sehr wertvolles Markenzeichen, es spiegle eine überörtliche Verankerung, zudem werde die Bedeutung der Regionen allenthalben hervorgehoben.

          Gerade im Jahr der 375. Wiederkehr des Abschlusses des Westfälischen Friedens von 1648, der heute auf der ganzen Welt als Blaupause für Friedensverhandlungen gelte, „wäre es mehr als ein deutliches Zeichen, wenn ‚Westfälisch‘ und Universität Münster weiter eine Einheit bilden“. Aus WWU solle deshalb WUM (Westfälische Universität Münster) werden. „Das hätte“, schließt das vereinigte Westfalentum unter Rückgriff auf den Wortgebrauch eines zeitgenössischen Großmeisters der einfachen politischen Sprache, „doch Wums.“

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