Arabische Entwicklungshilfe : „Wir wollen den Wohlstand weitergeben“
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Arbeit an der Zukunft: Yahya al-Lawati (links) pflanzt mit einem Helfer Setzlinge in al-Ula. Bild: Nomu-Hub
Den Reichtum im Sultanat Oman halten einige junge Bewohner nicht für selbstverständlich. Daher helfen sie anderen Ländern bei der Entwicklung.
Drei Jahre hat Yahya al-Lawati im Sultanat Oman als Ölingenieur gearbeitet. Dann wollte er etwas Sinnvolleres machen, als Erdöl aus dem Boden zu pumpen. Mit Freunden gründete er 2017 eine zivilgesellschaftliche Organisation, die sich zum Ziel setzte, mit kommunalen Projekten die Lebensbedingungen in armen Ländern zu verbessern. Sie waren zu dritt. Als omanische Staatsbürger lebten sie in einem Land, das zwar nicht überreich mit Erdölvorkommen gesegnet ist, dafür aber gut regiert wird. Den Menschen im Sultanat Oman geht es also gut.
Da setzten die drei mit ihrem Nomu-Hub an, was man mit Wachstum-Hub übersetzen kann. Sie werben junge Omaner an, meist wie sie Akademiker, die bereits Berufserfahrung gesammelt haben. Als Freiwillige gehen sie mehrere Monate dorthin, wo die Menschen arm sind. „Wir verfolgen zwei Ziele“, sagt al-Lawati. „Zum einen wollen wir, die wir im Wohlstand leben, etwas von dem weitergeben. Zum anderen sollen die Freiwilligen nach ihrer Rückkehr erzählen, wie privilegiert wir hier in Oman leben.“ Das solle das Bewusstsein dafür schärfen, dass es nicht selbstverständlich sei, in einem reichen Land leben zu können.
Was als kleines Projekt begonnen hat, ist heute ein Renner. Werbung müsse Nomu-Hub nicht machen, sagt al-Lawati. Mundpropaganda reiche inzwischen. Die Idee dazu kam von jungen Omanern, die in Sansibar an kommunalen Entwicklungsprojekten gearbeitet hatten. Von 1698 bis 1861 war die Insel vor Ostafrika Teil des Sultanats Oman, heute gehört sie zu Tansania. Die Oberschicht ist unverändert stark arabisch geprägt. In Oman ist das Einkommen aber pro Kopf 25-mal höher als auf Sansibar.
Neues Leben für die Oase
Zurzeit trifft man Yahya al-Lawati aber nicht auf Sansibar oder in Oman, sondern im noch reicheren Saudi-Arabien. Dort soll er in al-Ula anwenden, was er in seinen kommunalen Entwicklungsprojekten gelernt hat. Denn die saudische Führung will die mit archäologischen Stätten gesegnete Region um al-Ula zur wichtigsten touristischen Destination des Königreichs machen. Die Aufgabe von Yahya al-Lawati und seiner Organisation: dabei auch die weitläufige und lange vernachlässigte Oase für saudische Besucher und andere Touristen interessant zu machen.
Der „Oasis Heritage Trail“ durchzieht die Oase von Süden nach Norden. Hier hatten die Bewohner von al-Ula über Jahrhunderte gelebt und gewirtschaftet. Erst lebten sie nur im Winter oben in der Altstadt mit ihren engen Gassen, in den vergangenen Jahrzehnten zogen sie jedoch ganz in die neuen Viertel. Nicht nur die Altstadt verfiel, auch die Bauten in der Oase.
Al-Lawati soll der Oase wieder Leben einhauchen. Dazu hat er mit seiner Organisation zwei Projekte entwickelt. Bei einem Projekt bauen sie verfallene Lehmstrukturen wieder auf. Das geschieht, indem die überwiegend saudischen Besucher in halbtägigen Workshops lernen, wie Lehmziegel hergestellt, wie damit Mauern gebaut werden und wie Bestehendes instand gehalten wird. „Die Saudis lieben das und machen mit viel Freude mit“, sagt al-Lawati. Sie lernten dabei kennen, wie ihre Vorfahren gelebt haben; das Bauen mit Lehmziegeln sei schwieriger, als sie annahmen. Sie erfahren auch, wie gut Lehmbauten isolieren, gegen die Kälte des Winters ebenso wie gegen die Hitze des Sommers. Und sie erfahren auch, dass das Leben in den Lehmbauten, bei allem fehlenden Komfort, sehr gesund gewesen sei.
Helfen auf vielen Ebenen
Im zweiten Projekt pflanzen die Besucher am Rande der Oase Setzlinge. In der Oase selbst wachsen neben den Dattelpalmen auch viele Bäume mit Zitrusfrüchten. Al-Lawati macht die Besucher mit dem Baum der Moringa peregrina vertraut. Seine Stämme eignen sich als Bauholz, seine Blätter werden verzehrt, und aus seinem Fruchtfleisch wird ein Öl extrahiert, das zu Kosmetika und Parfüm verarbeitet wird. Bisher wird das Öl nach Frankreich exportiert, wo etwa das Parfüm mit dem Namen Lihyan hergestellt wird, das dann wieder in Saudi-Arabien verkauft wird.
Mehr als 1500 Setzlinge hätten die Besucher in zwei Monaten gepflanzt, sagt al-Lawati. Es sollen noch viel mehr dieser kostbaren Bäume wachsen. Eine Versuchsfarm soll die Qualität der Pflanzen verbessern, ein Versuchslabor will die Voraussetzungen dafür schaffen, dass in al-Ula nicht nur der Baum wächst, sondern auch das Parfüm hergestellt wird. Wenn im heißen Wüstensommer der Touristenstrom versiegt, dann wird al-Lawati wieder im Sultanat Oman sein, wo er sich auf die nächsten Missionen vorbereitet. Neben Sansibar sind die Freiwilligen von Nomu-Hub vor allem in Kenia und Marokko sowie in Indien und Sri Lanka tätig. In den ländlichen Gebieten dieser Länder haben sie kleine Krankenhäuser gebaut, sie unterrichten Kinder in Fächern wie Mathematik und Englisch, und sie machen sie mit Hygiene vertraut.
Bei anderen Projekten arbeiten sie mit der Bevölkerung daran, Regenwasser zu sammeln und für die Landwirtschaft zu nutzen. In einem Fall haben sie mit dem Konzept der Permakultur, die für eine nachhaltige Landwirtschaft steht, eine Mülldeponie in einen Garten verwandelt, sagt al-Lawati.
Die Freiwilligen kommen inzwischen auch aus anderen Staaten auf der Arabischen Halbinsel, unter ihnen sind Studenten und ausgebildete Ärzte. „In einem weiteren Schritt bringen wir nun auch Unternehmer mit, die den Einheimischen das Wissen vermitteln, ihre Produkte zu vermarkten.“ Wenn die Freiwilligen zurückkehren, ist ein weiteres pädagogisches Ziel von Nomu-Hub erreicht. Sie erzählen weiter, wie privilegiert doch ihr Leben ist.