Seifenoper in Washington : Sie berät Trump – ihr Mann verachtet ihn
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Power Couple: Kellyanne Conway und ihr Mann George bei einem Gala-Dinner in Washington am Tag vor Trumps Amtseinführung 2017. Bild: AP
Kellyanne Conway hat erfolgreich Trumps Präsidentschaftskampagne geleitet. Ihr Mann George hingegen hält den Chef seiner Frau für völlig ungeeignet für sein Amt – und so führen die beiden in Washington eine wahre Seifenoper auf.
Eines der haltbarsten Mysterien unserer Existenz ist, was Paare zusammenbringt und zusammenhält. Die eigentümliche Dynamik zwischen zwei Menschen ist, egal in welchem Lebensabschnitt man sich bewegt, für Außenstehende oft so schwer einsehbar wie der Fahrradstreifen für den Lkw-Fahrer: „Was findet Beate nur an diesem Jean-Gert?“ Diese Art Frage gilt Paaren, die man im eigenen Alltagsumfeld kennt, ebenso wie prominenten. Interessanterweise sind Zweierbündnisse, die in der Öffentlichkeit stehen, nicht unbedingt spannender als unbekannte, wie überhaupt mit dem Grad der Bekanntheit nicht automatisch das Rätsel zunimmt.
Nehmen wir nur mal die Paare im Weißen Haus: Was ist über Bill und Hillary Clinton nicht geschrieben worden; wie wenig spektakulär erschien im Gegensatz dazu die Beziehung zwischen George W. und seiner Frau Laura Bush? Oder: Michelle Obama – ein Rockstar eigenen Rechts; demgegenüber Melania Trump, von der man, unfair oder nicht, wenig Profundes erwartet und von der man eigentlich nur wissen will, ob sie ihre Ehe mit Donald als eine Art faustischen Pakt versteht. (Obwohl einen das schon mächtig interessieren würde.)
Um den Titel des faszinierendsten Washington Couple, falls dieser jemals ausgelobt würde, könnte sich in der aktuellen Administration ohnehin locker ein anderes Paar bewerben. Was Kellyanne und George Conway seit 2017 öffentlich aufführen, ist ein Familiendrama – manche sagen: eine Reality-Show – eigener Art: mit hohem politischem Einsatz. Kellyanne, 52, ist als Sonderberaterin des Präsidenten sozusagen Trumps blondes Fallbeil (und Edmund Stoiber, den man als streitbaren CSU-Generalsekretär einst so nannte, war im Vergleich dazu ein Messdiener); niemand sonst in seinem Stab vertritt Trumps Sache und seine Person in der Öffentlichkeit mit solch absoluter Hingabe, mit derart offensichtlichem Spaß am Fight, niemand sonst wiederholt und verteidigt seine Übertreibungen und Lügen so beständig und rhetorisch wendig, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Sie erfand schon früh in seiner Amtszeit den Begriff der „alternativen Fakten“, um die Unwahrheiten ihres Chef sozusagen theoretisch zu unterfüttern; gerade für ihren offensichtlichen Mangel an Scham nannte das Magazin „New York“ sie jüngst mit einem Lehnwort aus dem Deutschen „Trumps überzeugendsten doppelgänger“.
Und dann ist da eben die andere Hälfte dieses Ehepaares, das wie dem „West Wing“ oder einer seiner zahlreichen Nachahmerserien entstiegen scheint: George, 55; sein Wikipedia-Eintrag ist deutlich kürzer als der ihre, aber in jüngster Zeit ist sein öffentliches Profil schärfer geworden. Auf Twitter folgen ihm mehr als 650.000 Menschen. Der renommierte Firmenanwalt, der Mandanten auch schon vor dem Obersten Gerichtshof vertrat (und gewann), soll in der Nacht, als Trump gewählt wurde, vor Freude und Stolz geweint haben – als Konservativer, der er ist, und weil die Gattin damit die erste Frau wurde, die eine siegreiche Präsidentschaftskampagne geleitet hatte.
„Ein Krebsgeschwür auf der Präsidentschaft“
Doch die Begeisterung kühlte bald ab – als die Natur der neuen Präsidentschaft immer offensichtlicher wurde. Im Sommer 2017 dann der erste Trump-kritische Tweet, nur eine kurze Einschätzung des Juristen Conway zu Trumps Einreiseverboten für Muslime – und so fing es an, zunächst nur als gelegentliche Retweets der Meinungen anderer User, seit etwa Anfang dieses Jahres aber in ständiger Eskalation in Anzahl und Ton. Auch in Gastbeiträgen für Zeitungen meldete George sich zu Wort; die Botschaft stets: Der Chef seiner Frau – den er nie so nennt – sei intellektuell und psychisch völlig ungeeignet für sein Amt, „ein Krebsgeschwür auf der Präsidentschaft“ (eine historische Anspielung auf den dunkelsten Inhaber des Amtes im 20. Jahrhundert, Richard Nixon).