Leben im Kloster : Früher Physikerin, heute Nonne
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Eingewöhnung im Kloster
Den Entschluss dazu hatte sie schon vor Klostereintritt gefasst: „Ich habe damals lange im Internet recherchiert, weil ich so viele Fragen hatte“, erzählt sie. „Es war aber wenig zu finden darüber, wie es eigentlich ist, im Kloster zu leben. Da habe ich mich für den Blog entschieden. Damit andere das finden, was ich damals nicht finden konnte.“ Das Schreiben half ihr aber auch dabei, die neuen Erlebnisse zu verarbeiten.
In ihren Einträgen erzählt sie sehr persönlich vom Kloster und seinen Ritualen. Es geht um die Dinge, an die sie sich gewöhnen muss, allem voran an ihren neuen Namen. Lange drehte sie sich nicht um, wenn sie gerufen wurde. Es kam ihr vor wie ein Scherz, den gleich jemand auflösen würde, schreibt sie. Gewöhnen musste sie sich auch an die neue Kleidung, die so schnell riss, weil sie überall hängenblieb, oder daran, bei drei festen Mahlzeiten am Tag nicht ständig wieder Hunger zu bekommen.
Wenig Kommunikation
Sie erzählt von ihren Entdeckungen im Kloster, von den Hunderten von Jahre alten Büchern in der Bibliothek. Oder von der Begabung ihrer Mitschwestern für Gestik und Mimik: „In einer Welt, in der jedes unnötige Wort vermieden werden soll (...), wird man wohl automatisch lernen, immer besser ohne Worte auszudrücken, was man den anderen gerade mitteilen möchte. Und man kann viel mehr mitteilen, ohne etwas zu sagen, als die meisten Leute denken.“
Sie beschreibt den Alltag, den sie neben dem täglichen Chorgebet am meisten liebt: Aufstehen, wenn es noch dunkel ist, und die Sterne beobachten. Morgengebet um 5.30 Uhr, Frühstück, dann Lesen im Kreuzgang, während die Sonne aufgeht. Darauf folgen die Messe und die Arbeitszeit bis zwölf Uhr. Die zweite Hälfte des Tages verläuft ähnlich: Gebet, Mittagessen, eine gute Stunde Freizeit, dann Arbeitszeit, Abendgebet, Abendessen um Viertel vor sechs. Zum Abschluss die Komplet, das letzte Gebet des Abends um Viertel vor acht. Danach herrscht im Kloster bis zum Morgen das „Große Stillschweigen“. Jeder ist in dieser Zeit für sich. Nur in Notfällen wird noch miteinander gesprochen.
Immer wieder kommen Zweifel
Die Bilder des Blogs zeigen ausgelassene Momente im Kloster: die nackten Füße einer Nonne im Sonnenschein oder Schwester Pauline, wie sie ihre Slackline im klösterlichen Garten aufspannt, um darauf zu balancieren. Eindringlich schreibt sie aber auch vom Heimweh, von Momenten der Frustration oder Streit im Kloster. Immer wieder schleicht sich in ihre Einträge Zweifel. „Diese Entscheidung ist so verdammt schwer. Wir haben nur dieses eine Leben – woher soll man wissen, wie man das Beste daraus macht?“, schreibt sie in ihrer Zeit als Novizin.
„Das Schwierigste am Kloster ist es, immer alle so zu lieben, wie sie sind“, erklärt Schwester Pauline. „Man ist ja ein bunt zusammengewürfelter Haufen und lebt auf engstem Raum zusammen. Im Kloster kann eine Mücke ganz schnell zum Elefanten werden. Manchmal reicht es aus, dass jemand sich einmal zu oft entschuldigt oder einfach zu laut oder zu schnell läuft.“ Was man dadurch lerne, sei Achtsamkeit. „Es ist aber auch eine eigene Welt, die einen herausfordert, mit Gefühlen allein fertig zu werden.“