Interview mit Henning Baum : „Es hat keinen Sinn, in Lummerland zu bleiben“
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Bild: Warner Bros.
Schauspieler Henning Baum im Interview über seinen neuen Film, den Boxer Muhammad Ali, die Suche nach dem Abenteuer und die Gefühle von Männern.
Herr Baum, was fasziniert Sie an diesem Buch über Muhammad Ali, das Sie da gerade durchblättern?
Das sind schöne Fotos von verschiedenen Kämpfen, ich kenne gar nicht alle. Das ist schon unglaublich gewesen. Es ist schwer zu sagen, ob er nun der beste Boxer aller Zeiten war. Menschen, die sich damit auskennen, würden das schon sagen. Obwohl es heute Sportler gibt, die auch nicht schlechter kämpfen. Aber seine Art zu boxen war unglaublich. Im Kopf war er genauso schnell wie mit den Fäusten. Er war hochintelligent. Und er war ungeheuer mutig. Wie viel Mut gehört denn dazu, wenn man sagt, ich lege meinen Olympia-Titel ab, ich gebe meine Goldmedaille weg? Wenn ihr mich als schwarzen Mann missachtet und ich bestimmte Lokale nicht betreten darf, obwohl ich Olympiasieger bin und ihr immer noch auf mich herabschaut, dann will ich bei euch nicht mehr mitspielen. Und dann später noch diese Provokation, sich nicht mehr Cassius Clay zu nennen, sondern Muhammad Ali. Ein Wahnsinns-Typ, mit unglaublicher Kraft. Und der Boxer mit dem größten Herzen.
Als Mann ein Vorbild?
Ich liebe und bewundere ihn. Und wir schauen alle zu ihm auf. Er ist ein Held gewesen, nicht nur ein großer Boxer, sondern eine ganz große Persönlichkeit. Für mich ist er ein großes Idol. Ich weiß gar nicht, ob ich Vorbild sagen würde. Denn wie kann ich dem nacheifern?
Warum gibt es solche Männer heute nicht mehr?
Das lässt sich ja keiner einfallen, zu sagen: Ich bin jetzt ein Idol. Ich glaube, Stefan Zweig beschreibt das in seinen „Sternstunden der Menschheit“. Da versucht er, dieses Phänomen in Worte zu fassen, wie sich in manchen Persönlichkeiten die Ahnung des Göttlichen manifestiert, meist gebunden an einen Augenblick, in dem diese Menschen dann Weltgeschichte schreiben. Vielleicht ist gerade nicht der richtige Augenblick. Muhammed Ali dagegen wird uns noch lange beschäftigen, auch kommende Generationen. Hoffentlich.
In dem neuen Film „Jim Knopf und Lukas der Lokomotiv- führer“ spielen Sie Lukas. Wie haben Sie Ihren inneren Lokomotivführer gefunden?
Ich habe mich zuerst auch gefragt: Wie spielt man das? Wie finde ich den Zugang zu dieser Rolle? Ich war überrascht, als ich gefragt wurde, zum Casting zu kommen. Und ich habe nicht sofort gedacht, dass dieser Lukas in mir steckt. Beim Vorsprechen habe ich das dann ausprobiert. Natürlich hatte ich diese Kindheitserinnerung aus der „Augsburger Puppenkiste“. Aber eine Holzpuppe mit Fäden ist ja nun keine Vorlage, die in mir etwas auslöst. Zuerst hatte ich keinen Plan. Das Wunder geschah, als ich Solomon Gordon getroffen habe, der Jim Knopf spielt. Mit ihm zu spielen, das hat in mir Gefühle ausgelöst, durch die dieser Lukas dann entstanden ist. Auf einmal habe ich mich verwandelt. Irgendwann dachte ich, da steckt doch ein Lukas in mir. Ich habe ihn gespürt und eine Ahnung von ihm. Es ist richtig, dass ich beim Casting bin. Und es ist richtig, dass ich ihn spiele.
Lukas wird im Buch als „klein und rund“ beschrieben.
Ja. Er sieht mir wirklich nicht ähnlich. Körperlich ist das ein ganz anderer Typ. Aber man muss dann einfach seine Ecke in der Geschichte finden. Ich bin in dieser Hinsicht ein bisschen auf Lukas zugegangen. Ich habe ein paar Kilogramm zugelegt, den Rest haben dann Kostüm und Maske gemacht. Das Gewicht musste ich nachher erst mal wieder runter kriegen.
Andererseits ist Lukas so stark, dass er Schienen zu Schleifen verbiegen kann. Das passt dann ja wieder.
Ganz genau.
Was haben Sie sonst noch mit ihm gemein?
Er ist entschlossen und unerschrocken.
Und er passt sich nicht an.