Die Schauspieler Felix Kammerer (links) und Daniel Brühl. Bild: Lottermann and Fuentes
Dieses Jahr ist ein deutscher Film für neun Oscars nominiert – auch als bester Film. In der Villa Aurora in Los Angeles feierten die Darsteller und Macher von „Im Westen nichts Neues“ diesen Erfolg.
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Auch stundenlanger Regen und graue Wolken über Los Angeles konnten die Stimmung in der Villa Aurora nicht drücken. „Ich bin hochgeputscht und total aufgeregt“, sagt Lesley Paterson, die Drehbuchautorin des für neun Oscars nominierten Kriegsdramas „Im Westen nichts Neues“.
Die Geschichte, wie die Schottin mit Wohnsitz in Kalifornien ihre Adaption von Erich Maria Remarques Roman verfilmen ließ, ist so einmalig wie hollywoodreif. Gemeinsam mit dem Autor und Songwriter Ian Stokell, erzählt Paterson beim deutschen Oscar-Empfang am Samstag, hatte sie vor 16 Jahren die Filmrechte zu „Im Westen nichts Neues“ erworben.
„Ich hatte das Buch in der Schule gelesen und fand es einfach stark“, erinnert sich die 42-Jährige. Mit ihrem Schreibpartner Stokell machte sie sich daran, ein Drehbuch zu Remarques Kriegsroman zu schreiben. Zwei Jahre lang quälten sie sich mit historischem Kontext, Erzählstil und dem Verrat an einer Generation, Remarques Thema. Dann passierte erst mal nichts, 14 Jahre lang.
Homecoming in Los Angeles
Stokell und Paterson suchten vergeblich nach Geldgebern, Darstellern und einem Studio. Dass sie damals nicht aufgab, schreibt sie ihrer Vergangenheit als professionelle Triathletin zu. „Ich bin daran gewöhnt, ausdauernd zu sein. Bei meinen Fahrradfahrten durch Frankreich, Deutschland und Großbritannien stieß ich überall auf Gedenktafeln mit Tausenden Namen von Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg. Ich hatte das Gefühl, dass es Zeit wird, über sie zu sprechen“, sagt Paterson.
Um die jährlichen Gebühren für die Filmrechte zahlen zu können, hielt sie sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und trat immer wieder bei Triathlons an – im Jahr 2015 nach einem Sturz bei einem Probelauf selbst mit gebrochener Schulter. Fünf Jahre später war es schließlich so weit. Der Produzent Malte Grunert rief aus Berlin bei Paterson in Los Angeles an und fragte, ob sie „Im Westen nichts Neues“ in Deutsch für Netflix drehen wolle. Der Rest ist deutsche Oscar-Geschichte.
Heute Abend laufen Grunert, der Regisseur Edward Berger, ihre Hauptdarsteller Felix Kammerer, Albrecht Schuch und Daniel Brühl, der Kameramann James Friend, der Komponist Volker Bertelmann, bekannt als Hauschka, sowie weitere Mitglieder von Cast und Crew vor dem Dolby Theatre am Hollywood Boulevard über den roten Teppich, der bei der 95. Oscar-Verleihung champagnerfarben ist. Für Paterson wird es eine Art Homecoming. Vor einigen Jahren war die Drehbuchautorin schon einmal bei den Oscars dabei – damals aber als Kellnerin bei Wolfgang Pucks Governors Ball.
Wie die einzige Oscar-Kandidatin mit Weltmeistertiteln als Triathletin hat auch Frank Petzold das Ziel schon am Tag vor der Preisverleihung erreicht. Der Wuppertaler, den die amerikanische Filmakademie für den Oscar in der Kategorie visuelle Effekte nominiert hat, rechnet sich für heute Abend keine großen Chancen aus. „Dass wir im Rennen sind und uns mit ,Avatar‘ und ,Top Gun‘ messen dürfen, ist schon eine Ehre“, sagt Petzold. „Die Nominierung ist das Wichtigste. Dann gehört man zum Club.“
Zur Feier des Tages hat er sich einen Smoking zugelegt – dunkelblau mit schwarzen Streifen. Bei Spinatbällchen, Melone und La Croix Gratiot erinnert sich Albrecht Schuch derweil an sein Zögern, die Rolle des Soldaten Stanislaus Katczinsky zu übernehmen. Schuch hatte Remarques Roman nicht gelesen und fand das Thema Krieg schwierig.