Maori-Küche : Vor dem Kochen in die Wildnis
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Maori-Food in Austernschalen Bild: Hiakai
Das Essen der neuseeländischen Ureinwohner ist wenig bekannt. Spitzenköchin Monique Fiso ist deshalb dabei, die Küche der Maori zu revolutionieren. Die Zutaten musste sie zunächst aber selbst in der Wildnis sammeln.
Sie trägt keine Gummistiefel! Das ist mein erster Gedanke beim Anblick von Chefköchin Monique Fiso. Angesichts des Regenwetters, das in den letzten Tagen den Waldweg hier im „Puketoki Reserve“ in der neuseeländischen Bay of Plenty beinah in einen Sumpf verwandelt hat, sind ihre schwarzen Sportschuhe eine mutige Wahl. Doch Tawhirimatea, der mächtige Wettergott in der Mythologie der Maori, scheint uns gewogen zu sein: Der Regen macht Pause, ab und an blinzelt gar die Sonne zwischen den Wolken hervor. Perfekt, um gemeinsam mit Monique Fiso im Wald nach essbaren Farnen, Beeren, Pilzen und Kräutern zu suchen.
Seit rund zwei Jahren bemüht sich die 30-Jährige, traditionelle Zutaten wie Mamaku, Kieki, Pikopiko, Koromiko oder Karamu-Beeren – wie sie in „Te Reo Maori“, der indigenen Sprache der Maori, heißen – zu Gourmet-Gerichten zu verarbeiten.
Dass sie einmal eine 20-köpfige Gruppe Interessierter auf der Suche nach Essbarem durch die Wildnis führen würde, hätte sich Fiso noch vor drei Jahren in ihrer blühendsten Phantasie nicht ausmalen können. Damals stand die Neuseeländerin mit halb Maori-, halb samoanischen Wurzeln als Sous-Chef in den besten Küchen New Yorks wie „The Musket Room“ oder „Public Restaurant“ und träumte davon, wie einige ihrer Vorgesetzten selbst einen Michelin-Stern zu erkochen.
Das kulturelle Reichtum der Maori wird integriert
Doch das Leben hatte anderes mit ihr vor. Nach sieben Jahren in der Gourmet-Szene New Yorks kehrte Monique 2016 nach Neuseeland zurück und fand sich in einer veränderten Gesellschaft wieder. „In meiner Kindheit haben wir versucht, uns an den Lebensstil der Pakeha (Neuseeländer europäischer Abstammung, d. Red.) anzupassen“, erklärt die Unternehmerin, die in den neunziger Jahren aufgewachsen ist. Heute sei das anders: „Heutzutage kommst du in Neuseeland um ein Basiswissen über die Maori-Kultur nicht herum.“
Zwar sorgte erst kürzlich der Maori-Filmemacher und Künstler Taika Waititi mit seiner Aussage „New Zealand is racist as f ...“ für Schlagzeilen, und immer noch landen überproportional viele Maori im Gefängnis, während sie unterdurchschnittlich in Führungsrollen vertreten sind. Ungeachtet dessen hat Monique Fiso mit einem recht: Nachdem sowohl die Sprache Te Reo Maori und mit ihr auch die Kultur der Indigenen lange Zeit ein Schattendasein fristeten, haben Protestaktionen in den siebziger und achtziger Jahren zu einem neuen Selbstverständnis geführt. Seither bemüht sich auch die Regierung Neuseelands mehr oder weniger erfolgreich, den kulturellen Reichtum der ersten Einwanderer in den Alltag zu integrieren.
So wurden die Prinzipien des Vertrags von Waitangi, der seit 1840 das Zusammenleben zwischen Maori und europäischen Siedlern regeln sollte, als rechtskräftig anerkannt sowie einklagbar gemacht, und Mitte der 1980er Jahre wurde Te Reo Maori als Sprache wieder eingeführt. Inzwischen wird sie in den Schulen unterrichtet, taucht in Radio und Fernsehen auf, und Ausdrücke wie der Gruß „Kia ora“ sind aus dem neuseeländischen Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken. Auch praktizierte Traditionen wie „karakia“, ein segnendes Gebet zu Beginn von Verhandlungen oder Projekten, sind Beweise für die Wiedergeburt des „Maoridom“.
Maori-Küche hat einen schweren Stand
Nur ein Bereich scheint von diesem Revival wenig profitiert zu haben: die Maori-Küche. Zwar werden klassische Kochmethoden wie Hangi, bei dem Fleisch in Körben oder Behältnissen auf heißen Steinen in einem Erdloch plaziert wird, das dann mit Blättern und Erde bedeckt wird und so etwa drei bis vier Stunden vor sich hin kocht, wieder praktiziert. Auch einige Küchenchefs wie Charles Royal aus Rotorua oder Monique Fisos früherer Boss im New Yorker „Musket Room“, der neuseeländische Michelin-Sterne-Koch Matt Lambert, experimentieren seit längerem mit den indigenen Zutaten und Techniken. Eigenständige Maori-Lokale hingegen suchte die Köchin nach der Rückkehr in ihre Heimat indes vergeblich – von Gourmet-Lokalen ganz zu schweigen.