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Michelle Williams im Interview : „Ich erlebe eine gewisse Freiheit zwischen Action und Cut“

  • -Aktualisiert am

Steven Spielberg hat gesagt, ihm sei sehr früh klar gewesen, dass Sie seine Mutter spielen müssen. Hat er Ihnen gesagt, wieso Sie die Auserwählte sind?

Er hat es mir nie erzählt, und ich habe ihn auch nie gefragt. Ich wollte es wirklich nicht wissen. Wenn er mir zu detailliert er­zählt hätte, wieso wir uns ähnlich sind, hätte ich den Druck gehabt, ein bestimmtes Resultat abliefern zu müssen. Es hätte meine Vorstellung von ihr eingeschränkt und meine Vision dieser Rolle schrumpfen lassen. Ich weiß bis heute nicht, warum er mich ausgewählt hat oder was er dabei über mich dachte. Aber ich bin natürlich sehr glücklich, dass er mich wollte.

Wie emotional war Steven Spielberg bei den Dreharbeiten?

Phasenweise natürlich sehr. Wir haben im­merhin seine Kindheit rekonstruiert, und das meine ich jetzt auch ganz praktisch. Sein Zuhause wurde auf Basis von Fotos bis ins Detail genau nachgebaut. Er ging gewissermaßen durch seine Vergangenheit, die auch noch mit Menschen be­völ­kert war, die nicht mehr am Leben sind. Das war eine emotionale Situation, die ihm sehr zu Herzen gegangen sein muss.

Angeblich sehen Sie sich Ihre fertigen Filme nicht gern an.

Das stimmt. Ich bleibe lieber im Inneren meiner Figuren, spiele die Rolle, drehe den Film. Ich lebe für die Momente zwischen Action und Cut, in denen die Kamera läuft. Am glücklichsten bin ich, wenn es um meine Arbeit geht.

Michelle Williams (links) und Steven Spielberg im Februar 2023, Beverly Hills.
Michelle Williams (links) und Steven Spielberg im Februar 2023, Beverly Hills. : Bild: AP

Was macht Steven Spielberg zu einem außergewöhnlichen Regisseur?

Seine Energie. An diesem Punkt seiner Karriere ist er nach all den Jahren immer noch leidenschaftlich, inspiriert, kreativ, und er arbeitet genauso hart wie früher. An seinem Filmset fühlt man sich wieder wie ein Kind. Alles ist möglich, und der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die Kombination von Energie und Erfahrung ist wirklich ansteckend. Es macht großen Spaß, mit ihm zu arbeiten. Man hat nie das Gefühl, er sei irgendwie in irgendeiner Weise verbraucht oder abgestumpft. Er liebt seine Arbeit von ganzem Herzen und erlaubt dir, wie er, diese Liebe zu fühlen.

Filme zu drehen war für den jungen ­Steven Spielberg auch ein Weg, die Welt durch die Linse einer Kamera zu erkunden. Sie haben ebenfalls sehr früh mit der Schauspielerei begonnen. Wie haben Sie davon profitiert?

Es hat mir definitiv geholfen, über den Tellerrand zu schauen und alles immer wieder aus einer neuen Perspektive zu sehen. Als Kinder können wir ja oft nur bis dahin sehen, wo der Flur der Wohnung unserer Eltern endet. Wir werden in diese Familie hineingeboren, die dann formt, wer wir sind. Filme erweitern unser Blickfeld. So habe ich das jedenfalls erlebt. Und beim Film und im Kino habe ich Dinge gelernt, die mir meine Eltern nicht beibringen konnten.

Was denn?

Wer wir Menschen sind und was es bedeutet, sich auch in Gegenwart anderer allein zu fühlen. Wir denken immer, dieses Ge­fühl, anders als die anderen zu sein, isoliert uns. Aber im Kino feiern wir das Al­leinsein und unsere Macken, um dann am Ende zu begreifen, dass gerade die uns einzigartig machen. Als ich die Welt des Arthouse-Kinos und der unabhängigen Filme entdeckte, habe ich gelernt, mich zu ak­zeptieren und zu lieben, so wie ich bin. Ich dachte, wenn ich diese Figuren aus Filmen von John Cassavetes lieben kann und an­ziehend finde, Menschen die schwierig, de­platziert und eigenartig sind, kann ich mich dann nicht auch etwas mehr lieben?

Welcher Film hat Sie als Jugendliche so sehr beeindruckt, dass Sie Teil dieser Kinowelt werden wollten?

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