Michael Herbig : Willkommen im Kinderzimmer
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Die Bullysierung des Landes schreitet voran: Michael Herbig dreht mit Helmut Dietl, spielt in einer Politsatire und kriegt ein Museum. Trotzdem wird der „King of German Comedy“ selbst heute noch manchmal unterschätzt.
Ein wenig monarchistisch ist uns zumute an diesem Tag. Das mag am Kaiserwetter liegen, das Berlin leuchten lässt, an den Touristenscharen, die über den Gendarmenmarkt mit seinen Prachtbauten paradieren, und am Namen des Hotels, das unser Ziel ist: das Regent. Im Salon Hofgarten, auch das passt, erwartet uns einer, der schon des Öfteren, jedenfalls metaphorisch, gekrönt worden ist: zum King of Comedy etwa oder zum König Midas der Filmbranche. Und das, wo ihn nicht wenige der alten Adligen dort anfangs für einen Narren hielten.
Das royale Gefühl verfliegt jedoch schnell, da dem Mann, der im Hotelsessel mehr fläzt als thront, jede majestätische Attitüde abgeht. Michael „Bully“ Herbig wirkt so, wie man ihn aus dem Fernsehen und aus seinen Filmen zu kennen glaubt: bodenständig, freundlich, zu Scherzen aufgelegt, entspannt, ein bisschen schluffig. Adidas-Sneakers, schwarze Socken, Bluejeans, ein blauweiß gestreiftes Hemd, der untere Knopf und die obersten beiden offen, darunter ein weißes T-Shirt. Keine Spur von Insignien der Macht und von Prunk, einzig ein Siegelring am kleinen Finger der rechten Hand verbreitet einen zarten Hauch Extravaganz. Herbigs unauffälliger, jungenhafter Erscheinung mag es geschuldet sein, dass ihn bis heute mancher unterschätzt; sie ist die perfekte Ablenkung davon, dass er hierzulande das Unterhaltungsgeschäft beherrscht wie kaum ein Zweiter. Was sich vor allem auf die Unterhaltung, aber durchaus auch auf das Geschäft bezieht.
Der offizielle Titel des Ganzen: Bullyversum
Für Zeithistoriker, die dereinst die schleichende Bullysierung unserer Gesellschaft nachzeichnen werden, wird 2011 ein ganz entscheidendes Jahr gewesen sein. Im Oktober kommt der Film „Hotel Lux“ ins Kino, in dem Herbig, unter der Regie Leander Haußmanns, die Hauptrolle spielt: einen Komiker, der 1938 auf seiner Flucht aus Nazi-Deutschland in Moskau landet und dort von Stalins Geheimdienst mit Hitlers Leibastrologen verwechselt wird. Jetzt in Berlin dreht er mit Helmut Dietl den Kinofilm „Zettl“, der Dietls legendäre Society-Satire „Kir Royal“ in neuer Zeit und an neuem Ort fortschreibt; Herbig spielt die Titelrolle, den Klatschreporter Zettl. Am Pfingstsamstag schließlich präsentiert die Bavaria-Filmstadt vor den Toren Münchens eine neue Attraktion, die man ein modernes Museum nennen könnte oder eine Film-Erlebniswelt, wie es die Bavaria tut, oder, wie Herbig selbst vorschlägt, ein Unterhaltungshaus. Oder, denn dies ist der offizielle Titel des Ganzen: Bullyversum.
Hier lohnt es nun, den Blick kurz schweifen zu lassen über die deutsche, aber auch die internationale Humorlandschaft. Im Münchner Isartor residiert, in ebendieser Schreibweise, das „Valentin-Musäum“, gewidmet einem anderen berühmten Sohn der Stadt; als es 1959 eröffnet wurde, war Karl Valentin seit elf Jahren tot. Das Werk des großen Preußen Loriot wurde zwar kürzlich in einer Ausstellung gewürdigt, nach deren Ende die Exponate zurück ins Lager wanderten, harrt aber noch einer Musealisierung. Und erst in zwei Jahren soll am Genfer See das erste Museum überhaupt stehen, das den berühmtesten Komiker aller Zeiten ehrt, Charlie Chaplin. Michael Herbig aber wird, wenn im Juni sein Bullyversum öffnet, nicht nur - rasch klopft er auf den hölzernen Hoteltisch - quicklebendig sein, er wird es auch nach seinen eigenen Vorstellungen gestaltet haben.