Reaktionen in Großbritannien : Team Meghan gegen Team Queen
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Vor allem für das ältere England hat Herzogin Meghan mit ihrem Interview eine Grenze überschritten. Beifall erhält sie hingegen von Gegnern der Monarchie, die ihr negatives Bild bestätigt sehen.
„Prinzessin der Herzen“ war Herzogin Meghan nie, obwohl ihr Ehemann, Prinz Harry, lange Zeit als beliebtester Royal galt und sie den Ehrentitel ihrer verstorbenen Schwiegermutter Diana vermutlich nur zu gerne übernommen hätte. Meghan hatte Bewunderer, als sie vor vier Jahren die royale Bühne betrat, aber eine warme Beziehung zu den Untertanen der Königin konnte die Herzogin von Sussex nie herstellen. Jetzt gehört sie, höflich ausgedrückt, zu den umstritteneren Mitgliedern der Familie, übertroffen wohl nur noch von Harrys Onkel, Prinz Andrew.

Politischer Korrespondent in London.
Vor allem für das ältere, konservative England hat Meghan mit ihrem Interview in Amerika eine Grenze überschritten. Der „gemeine, destruktive und eigennützige Unsinn“, den sie in dem Gespräch mit Oprah Winfrey von sich gegeben habe, sei nichts anderes als ein „infamer Verrat an der Queen“, kochte Piers Morgan, der in seiner täglichen Frühstücksshow „Good Morning Britain“ höchste Einschaltquoten erzielt. Beifall erhielt Meghan hingegen von Gegnern der Monarchie, die ihr negatives Bild der Windsors bestätigt sehen, und von Aktivisten, die an einen systemischen Rassismus in England glauben.
Davon war nicht viel zu spüren gewesen, als die in Los Angeles geborene Meghan in die Familie aufgenommen wurde und bald darauf ihr erstes Kind erwartete; im Gegenteil. Der größte Teil der Öffentlichkeit bejubelte die Aussicht, dass die Royals sich nun öffneten und die multikultureller gewordene Gesellschaft im Königreich, ja im Commonwealth überhaupt, besser widerspiegeln konnten. Aber die 39 Jahre alte Meghan wollte nicht spiegeln oder repräsentieren, sie wollte sich politisch einmischen. Sie hatte kein Interesse daran, sich einzuordnen, sondern beanspruchte eine eigene Show.
Ihre Kritikerinnen – Kritikern wäre das nicht durchgegangen – hatten vorausgesagt, dass die unabhängige, ehrgeizige Schauspielerin die royale Bühne nutzen würde, um ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen und dann weiterzuziehen. Nur wenige hatten indes vermutet, dass Meghan beim Abschied ihren Mann unterhaken würde. Nun schwinden auch Sympathien für Harry, der für viele vom Verführten zum Komplizen geworden ist.
In verblüffend kurzer Zeit gelang es Meghan, die Royals, die sich noch vor wenigen Jahren auf dem Höhepunkt ihrer Beliebtheit befanden, wieder ins Gerede zu bringen. Gleichzeitig spaltete sie die Klatschgesellschaft und nicht nur sie. Laut Umfragen zählen sich in Großbritannien die Jüngeren tendenziell zum „Team Meghan“, die Älteren zum „Team Queen“. Sogar ein nationaler Graben tut sich zwischen den Zuschauermehrheiten in Großbritannien und in Amerika auf. Dort, in ihrer Heimat, steht Meghan für die Noblesse der Meritokratie.