Wasserknappheit in Südafrika : Kapstadt sagt „Day Zero“ ab
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Einheimische reihen sich in Kapstadt zum Wasserholen in eine Warteschlange. Bild: AP
Der Wirbel um einen möglichen Kollaps der Wasserversorgung in Kapstadt hat Touristen verschreckt. Und das erschreckt nun die Südafrikaner.
Das Schreckensszenario hatte die Verwaltung von Kapstadt für jenen Tag entworfen, an dem das Wasser endgültig zur Neige gehen würde. Soldaten sollten jede der 235 öffentlichen Wasserausgabestelle besetzen, an denen sich Zigtausende Kapstädter ihre Tagesration von 25 Litern abholen sollten. Sogenannte Hochrisikostellen, hauptsächlich in den kriminalitätsgeplagten Vierteln, würden zusätzlich mit Polizisten gesichert. Mobile Einheiten stünden bereit, die mit Hubschraubern an Brennpunkte gebracht werden könnten.
„Day Zero“ wurde der Tag genannt, an dem die Wasserversorgung der Vier-Millionen-Stadt zusammenbrechen würde. An jenem Tag wären die Staudämme, die mit ihrem Wasser die südafrikanische „Mothercity“ versorgen, nur noch 13,5 Prozent gefüllt – zu wenig, um noch Trinkwasserqualität aus dem Wasserhahn zu garantieren. Ein Albtraum: Als erster Millionenstadt der Welt ginge ausgerechnet dem zwischen Indischem und Atlantischem Ozean gelegenen Kapstadt das Wasser aus.
Alles blinder Alarm? Zunächst war der kritische Tag auf Ende März gesetzt. Dann wurde er immer weiter nach hinten verschoben: auf den 21. April, den 11. Mai, den 4. Juni, den 9. Juli und schließlich den 27. August. Nun hat Mmusi Maimane, Parteichef der im Westkap regierenden Demokratischen Allianz (DA), „Day Zero“ für dieses Jahr ganz abgesagt. Die Lage sei nicht mehr so kritisch wie bisher befürchtet. Der Ernstfall könne in diesem Jahr vermieden werden, wenn Bürger und Unternehmen weiter Wasser sparten. Im Westkap fällt der meiste Regen in den Wintermonaten, meist von Mai oder Juni an. Das Jahr 2017 war das regenärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Statistisch gesehen kommt dies nur alle 400 Jahre vor. Das lässt nun auf stärkere Niederschläge als in den vergangenen drei Dürrejahren hoffen.
War die ganze Aufregung also umsonst? Eine Panikmache von DA, Stadtverwaltung und Medien? Fällt die drohende Apokalypse nun ins Wasser?
„Im Januar sah die Lage sehr ernst aus“, sagt die Premierministerin der Provinz Westkap, Helen Zille, im Gespräch. Experten hätten den „Day Zero“ für unausweichlich gehalten. Doch die Kampagnen zum Wassersparen und die Drosselung des Wasserdrucks hätten Wirkung gezeigt. Glück sei auch im Spiel gewesen: Landwirte aus einer von der Dürre verschonten Region spendeten der Stadt aus ihren gut gefüllten Reservoirs zehn Milliarden Liter Wasser. Damit kann man den Verbrauch der Vier-Millionen-Metropole immerhin ungefähr 20 Tage lang decken.
Zille, eine Großnichte des Berliner Milieumalers Heinrich Zille, ist seit 2009 die Premierministerin vom Western Cape. Früher arbeitete sie als Journalistin, leistete Widerstand gegen die Politik der Apartheid, später wurde sie Bürgermeisterin von Kapstadt und Parteivorsitzende der DA. Als die Partei der jetzigen Kapstädter Bürgermeisterin Patricia de Lille wegen Korruptionsvorwürfen die Zuständigkeit für das Wasserressort entzog, war ihre resolute Vorgängerin zur Stelle und schlug sogleich Alarm. Ohne Unterlass twitterte sie nützliche Informationen zum Wassersparen – unter anderem Bilder davon, wie sie Duschwasser im Eimer sammelte, um es später für die Toilettenspülung zu benutzen. Bisweilen schlug sie aber auch über die Stränge. Am 22. Januar schrieb sie in ihrer Kolumne im „Daily Maverick“, die Herausforderung übersteige alles, „was eine wichtige Stadt irgendwo auf der Welt seit dem Zweiten Weltkrieg oder 9/11 bewältigen musste“.