Jochen Alexander Freydank : „Ich unterstelle mir schon Talent“
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Jochen Alexander Freydank:„Ich hoffe, dass dieser kahle Schädel hier uns allen bei der künftigen Karriere helfen wird.” Bild: Christoph Busse
Vier Jahre lang hat Jochen Alexander Freydank am Kurzfilm „Spielzeugland“ gearbeitet. Sein Lohn: der Oscar - und Hollywood-Kontakte, die ihm nicht allzuviel bedeuten.
So recht einverstanden scheint er nicht - die Idee des Fotografen ist Jochen Alexander Freydank zu platt. Freydank hat sich einen Cheeseburger bestellt, obwohl er, wie er erzählt, schon in den vergangenen Tagen jede Menge davon gegessen hat. Ihn nun aber damit zu fotografieren, das sei zwar naheliegend (“Freydank - Burger - Amerika - Hollywood - Oscar“), er findet es aber trotzdem doof - und lässt sich dann doch darauf ein. Er lächelt nicht einmal gequält und amüsiert sich, als er die Bilder von sich mitsamt Pommes und Cheeseburger auf dem Display der Kamera sieht. Noch einmal stutzt Freydank an diesem Abend: als er hört, dass sein Film schon im Internet zu sehen ist. Das könne nicht sein, sagt er. Es gebe ja nur zehn Kopien von „Spielzeugland“. Allerdings weiß er selbst nicht ganz genau, wo die sich derzeit alle befinden. „Zwei hat auf jeden Fall noch die Academy in Los Angeles.“ Dann aber lacht er und sagt: „Warum soll es einem Kurz-Spielfilm besser ergehen als einem langen.“ Nach dem Oscar-Rummel sei es ja nur zu verständlich, dass die Leute sein Werk nun auch sehen möchten.
Markanter kahler Schädel
Der Ost-Berliner Freydank hat ins „Café Puschkin“ gebeten. Das Lokal liegt in der Leipziger Südvorstadt an der Karl-Liebknecht-Straße. Es ist leicht zu finden: Von weitem schon sieht man den fünfzackigen roten Stern neben der Eingangstür, das Symbol kommunistischer Weltanschauung. Der Stern stellt die Hand des befreiten Menschen in der klassenlosen Gesellschaft dar. Mit Ostalgie hat der Treffpunkt nichts zu tun. Das „Puschkin“ ist im Inneren eine harmlose und völlig unideologisch wirkende Studentenkneipe. Zudem ist das Café nicht Freydanks Stammlokal, in dem er mit großem Hallo empfangen wird. Der Einundvierzigjährige arbeitet nur um die Ecke. Für die Saxonia Media Filmproduktion GmbH produziert er noch bis zum Sommer die ARD-Erfolgsserie „In aller Freundschaft“. Die Geschehnisse in der angeblichen Leipziger „Sachsenklinik“ ziehen an die sechs Millionen Zuschauer (Marktanteil: 20 Prozent) vor die Fernseher.
Jochen Freydank, der wie zur Tarnung eine schwarze Kappe über seinen markanten kahlen Schädel gezogen hat, bleibt im „Puschkin“ unerkannt. Die Gäste an den Nebentischen blicken kaum auf, worüber er sichtlich froh ist. Beim Abflug in Los Angeles wurde der deutsche Oscar-Gewinner selbst von Amerikanern immer wieder angesprochen und um Autogramme gebeten. „Die kannten sogar meinen Namen.“ Dass er dann auch noch am Berliner Flughafen Tegel von Dutzenden Journalisten und Blitzlichtgewitter begrüßt wurde, damit habe er wirklich nicht gerechnet. Und das sei keine Koketterie. Die Kurz-Spielfilm-Kategorie sorge gewöhnlich nicht für solch einen Wirbel in Deutschland, sagt er sarkastisch. Freydank hofft, dass sein Gesicht bald aus den Schlagzeilen verschwindet und er nicht weiter behelligt wird. „Ich stehe viel lieber hinter der Kamera als davor.“
Nur voller Glück
Dabei hatte der Berliner so souverän auf der Bühne des Kodak Theatre in Los Angeles gewirkt. Strammen Schritts war er durch die Reihen der Hollywood-Prominenz nach vorne gegangen, hatte strahlend seine Trophäe entgegengenommen und eine perfekte Stegreif-Rede auf Englisch gehalten. War er nicht nervös angesichts Hunderter Millionen Zuschauer? Hatte er nicht eine „Blutleere im Hirn“? So hatte sich der Deutsche Florian Gallenberger gefühlt, als er 2001 für seinen Kurz-Spielfilm „Quiero Ser“ ausgezeichnet wurde.
Freydank überlegt kurz. „Nein. Ich war nur voller Glück - und da war noch viel Wärme in mir.“ Natürlich hätten viele vorher auf ihn eingeredet: Er müsse auf jeden Fall eine Rede vorbereiten. Man habe ihm sogar erklären wollen, was er zu sagen habe. Doch da findet Freydank, geschult durch viele Jahre als Regieassistent, durchaus deutliche Worte: Er sei erwachsen, er wisse schon, was er zu tun habe. „Durch so was darf man sich nicht nervös machen lassen. Da muss man bei sich bleiben.“ Was nicht einfach war in einer Woche, in der es um nichts anderes als den Oscar ging.