Sie hat Vertrauen ins Leben und hasst Instagram, das einem ständig Vergleiche abringt: Jella Haase beim Shooting in Berlin. Bild: Andreas Müller
Jella Haase im Interview : „Ich lösche regelmäßig Instagram von meinem Handy“
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Erwachsensein kann warten: Jella Haase, legendär als Chantal aus „Fack ju Göhte“, spricht im Interview über das Ausschlafen und Disziplin, Punk und Instagram.
Frau Haase, die Haare sind ab: Was ist los in Ihrem Leben?
Ich hätte eigentlich schon seit drei Jahren gerne kurze Haare. Aber es hat nie gepasst, ich habe mich nie getraut. Jetzt war das eine spontane Aktion. Ich hatte Lust drauf, und auf einmal waren sie ab.
Dem Klischee zufolge steht ein neuer Haarschnitt bei Frauen für einen Neuanfang. Was war die wichtigste Veränderung Ihres vergangenen Jahres?
Ich habe ein anderes Verhältnis zu meinem Beruf entwickelt. Früher ging das immer noch als Hobby durch. Ich habe gedreht und war nebenbei in der Schule, habe mein Abi gemacht und so. Ich habe das nie wirklich ernst genommen, was gut ist, man darf das auch nicht zu ernst nehmen. Aber mittlerweile begreife ich es als meinen Beruf.
Geht es ums Erwachsenwerden?
Erwachsener sein vielleicht. Nicht erwachsen werden. Das wäre zu früh.
Wann ist man denn erwachsen? Sie sind 25 und stehen seit zehn Jahren vor der Kamera.
Mit 40!
Erst? Echt?
Nein, ich weiß es nicht. Man ist wahrscheinlich nie wirklich erwachsen.
Was wäre daran schlimm?
Ich glaube, ich assoziiere mit Erwachsensein Buchhaltung, die Steuererklärung, Dinge, um die man sich kümmern muss und die einen einschränken. Das ist total bescheuert. Ich habe ja relativ früh meine eigenen Entscheidungen getroffen, was das Spiel angeht. Es ist auch erwachsen, wenn man selbstbestimmt leben kann. Aber ich glaube, ich assoziiere damit negative Begleiterscheinungen. Nicht, dass ich Angst hätte zu altern. Aber irgendwie...
Thema Ihres neuen Films „Vielmachglas“ ist die Überforderung der Generation Y angesichts unendlicher Möglichkeiten und hoher Ansprüche an sich selbst. Kennen Sie das?
Ich kenne das vor allem von Freunden, die bei diesem Übermaß an Möglichkeiten stagnieren und gar nichts tun. Man ist in der heutigen Gesellschaft einem Druck ausgeliefert, Spuren zu hinterlassen und was Besonderes zu machen. Jeder ist irgendwie Künstler oder hat ein Start-up-Unternehmen. . Die Zeit, auf die Suche zu gehen, wird einem genommen, alles wird so wahnsinnig schnelllebig. Leute, die nicht total die Überflieger sind oder einen krassen Plan haben, bleiben auf der Strecke.
Wobei Sie zu denen gehören, die immer einen krassen Plan hatten?
Ich gehöre zu denen, die sich sehr früh getraut haben, das zu machen, worauf sie Bock hatten. Das war kein krasser Plan. Ich hatte diesen Spieltrieb. Das hat mich aber auch viel gekostet.
Wie meinen Sie das?
Ich hatte in meiner Jugend das Gefühl, viel zu verpassen. Wenn ich nicht auf eine Party konnte, weil ich am nächsten Tag drehen musste, habe ich abends richtig geweint. Ich konnte dieses Drehen früher nicht als Privileg sehen.
Trotzdem haben Sie es gemacht?
Ja. Unbewusst war etwas in mir, das gesagt hat, es ist für etwas gut. Mittlerweile verzichte ich auch gerne, ich bin damit fein. Das meine ich damit, dass ich meinen Beruf mehr als Beruf begreife.
War das nur Glück, dass Sie so früh Schauspielerin geworden sind und sich die Unentschiedenheit der Generation Y gar nicht leisten konnten?
Ich glaube, es hat auch etwas mit Persönlichkeit zu tun. Ich habe früher mit meiner Mama viel Sport gemacht, Eiskunstlaufen. Meine kleine Schwester konnte sich rausmogeln, die musste nie mit. Ich hatte gar nicht die Möglichkeit zu sagen, ich habe keinen Bock, das gab es nicht in meinem Denken. An den Dingen dranzubleiben, das habe ich von meiner Mutter gelernt. Wenn du als Schauspieler nicht extrem diszipliniert bist und gute Arbeit ablieferst, bist du ganz schnell ersetzbar. Das klingt jetzt voll abgeklärt, oder?