Opernsängerin Aida Garifullina : „Unglücklich verliebt war ich noch nie“
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Opernsängerin Aida Garifullina Bild: Decca/Simon Fowler
Wer war die Frau, die bei der Eröffnung der Fußball-WM in Russland gemeinsam mit Robbie Williams sang? Die russische Sopranistin Aida Garifullina erlebt gerade einen rasanten Aufstieg. Ein Gespräch über die Oper, Kontrollfreaks – und schöne Frauen.
Frau Garifullina, was war die größere Strapaze für Ihre Nerven: die Eröffnung des Wiener Opernballs oder die der WM in Moskau?
Ich bin bei wichtigen Auftritten immer sehr aufgeregt. Und da ist es ganz egal, wie viele Zuschauer ich habe. Es kann auch ein kleinerer Liederabend sein. Da bin ich dann genauso nervös, wie ich es bei der Weltmeisterschaft war. Es liegt auch daran, dass ich Perfektionistin bin. Jeder Auftritt muss so gut wie möglich vorbereitet sein. Bei der Weltmeisterschaft war es allerdings schon noch etwas anders, weil ich wusste: Die ganze Welt wird mir beim Singen zusehen. Und wir hatten nur eine Probe mit Robbie, zwei Tage vor der Eröffnung, und das war auch das einzige Mal, dass wir uns vorher gesehen hatten. Aber es ist ja alles gutgegangen.
Wie perfektionistisch sind Sie? Sind Sie so ein richtiger Kontrollfreak?
Ja, immer. Auch in meiner Freizeit oder im Urlaub, auf den ich sehr lange warte. Ich muss immer alles kontrollieren, anders geht es leider nicht. Ich denke immer im Voraus, egal ob es Reisen oder Auftritte sind. Und ich muss auch alle Menschen, die in meinem Team sind, an ihre Aufgaben erinnern, damit alles perfekt und nichts vergessen wird. Hotels, Flugtickets, das muss ja alles organisiert werden.
Warum sind Sie so?
Es gab Momente, in denen ich vor den Vorstellungen ein bisschen Stress hatte, weil die Organisation nicht gut war. Das ist menschlich und normal. Die Organisatoren sind selbst nicht immer organisiert. Aber ich möchte so etwas vermeiden. Damit ich mich hundertprozentig auf mein Singen konzentrieren kann.
Wo können Sie loslassen und Ihr System herunterfahren?
Vielleicht lerne ich das irgendwann in einem anderen Leben. Ich sollte nach Sri Lanka fliegen, um dort vollständig ayurvedisch zu leben und das zu üben. Aber die Zeit vergeht so schnell. Das ganze Leben ist so schnell geworden. Unser Geschmack ändert sich schnell, die Musik und die Gedanken der Menschen. Man möchte ständig etwas Neues. Deswegen kann ich es mir als Künstlerin nicht leisten, stehenzubleiben. Ich muss mich andauernd ändern und weiterentwickeln. Ich überlege pausenlos, wie ich meinem Publikum bei meinem nächsten Auftritt etwas Neues zeigen kann. Ich kann nicht immer so bleiben, wie ich vor fünf Jahren war.
Wann fand Ihr erster Kontakt mit der Welt der Oper statt?
Ich war schon als Kind ständig von Musik umgeben. Und so habe ich schon sehr früh die Kompositionen von Tschaikowsky, Rimski-Korsakow, Rachmaninow, Beethoven und Mozart gehört. Ich habe diese Musik geliebt. Meine Mutter ist Musikerin. Und sie hat mich immer zu den Konzerten des Chores mitgenommen, den sie damals geleitet hat. Bei den Proben war ich auch ständig dabei. Deswegen war es für mich ganz normal, zum ersten Mal in die Oper zu gehen. Was mich verzaubert hat, war diese Dynamik, mit der alle Menschen dort ihre Kräfte und Stimmen vereint haben, um gemeinsam so einen wunderschönen Klang zu erzeugen. Und da dachte ich: Irgendwann muss ich eine Sängerin werden.
Hat Ihnen Ihre Mutter erklärt, warum Sie Aida heißen?
Natürlich. Aida bedeutet auf Arabisch „Geschenk“. Und ich war eben ein Geschenk für meine Eltern, als ich zur Welt gekommen bin. Es war nicht so, dass meine Mutter während der Schwangerschaft besonders viel Verdi gehört hat.
Wie hat die Welt auf diesen ikonischen Namen reagiert, als Sie später die ersten Schritte in die Welt der Klassik gemacht haben?
Als ich als Studentin nach Nürnberg gekommen bin, fingen die Menschen erstmals an, mich danach zu fragen. Manche sagten: Mein Gott, vielleicht werden Sie eines Tages „Aida“ singen! Da wusste ich immer gar nicht, was ich sagen sollte. Ich war ja noch eine Anfängerin, die gar nicht wusste, ob sie überhaupt Opernsängerin werden kann. Eigentlich war es aber sehr angenehm. Man hat meinen Namen immer so respektvoll ausgesprochen. Andere sagten, der Name sei eine Art Schicksal, mit dem man nur Sängerin werden könne.
Wie erinnern Sie Ihre Kindheit und Jugend in Russland?