Holi-Festival : Bunter Staub für gute Fotos
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Ob in Hamburg oder wie hier in Madrid: die Partys laufen überall nach dem gleichen Muster ab Bild: AP
Holi-Festivals sind derzeit der größte Trend in der Event-Branche. Kurz gesagt geht es dabei darum, sich gegenseitig und auf Kommando mit Farbe einzustäuben. Wie konnte die uralte indische Tradition zum globalen Partytrend werden?
„Zehn!“, brüllt die Menge, und man kann sie noch ganz hinten bei den Dixie-Klos hören. Es ist Samstagnachmittag, und die Julisonne brennt auf den Kies neben der Messe München. Normalerweise stehen hier Stände mit Produktbeispielen und Firmenvertreter im Anzug, heute aber warten Tausende Feierwütige, in der Hand kleine Päckchen mit buntem Pulver. „Neun! Acht!“
Willkommen beim „Holi-Festival“, dem größten Trend, den es in der ohnehin schon gut gefüllten Event-Branche gibt. Kurz gesagt geht es dabei darum, sich gegenseitig und auf Kommando mit Farbe einzustäuben. Eigentlich ist „Holi“ eine uralte Tradition aus Indien: Jedes Frühjahr, am ersten Vollmondtag des Monats Phalgun, begrüßen die Inder so die neue Jahreszeit. Ein paar Tage lang wird getanzt und gefeiert - und man bewirft sich gegenseitig mit Gulal, dem bunten und oft extra geweihten Pulver.
Altäre oder gar Götter gibt es heute beim Münchner Holi-Fest nicht. Dafür aber Bier aus Plastikbechern und eine Bühne mit blinkendem DJ-Pult. Hinter ihm springen gerade „Schluck den Druck“ ekstatisch im Takt, der größte Hit der Elektroband heißt „Im Rausch mit Freunden“.
„Sieben!“, ruft die Menge. Vor der Bühne quetschen sich verschwitzte Körper, ein Meer aus bunt beschmierten Gesichtern. Gleich werden sie noch ein bisschen farbiger sein, denn am Ende des Countdowns wird die ganze Menge gleichzeitig das bunte Pulver in die Luft werfen. Neben der Biertheke kann man es kaufen: gelb, grün, blau, lila oder pink, abgepackt in kleinen Beuteln, zwei Euro pro Stück. „Sechs!“, dröhnt es aus dem Publikum.
Für ein paar Tage sind alle bunt
Indische Vereine und Gemeinden veranstalten in Deutschland schon länger traditionelle Holi-Feiern. Die kommerziellen Festivals, ohne den religiösen und kulturellen Background, sind dagegen neu. 2012 fand das erste „Holi-Festival of Colors“ in Berlin statt, heute, kaum zwei Jahre später, gibt es die Veranstaltung in der ganzen Republik.
Die indische Community freut das überwiegend: „Die Holi-Feste liefern ein erfreuliches Bild von Indien, das aufgrund der schlimmen Vergewaltigungsfälle der vergangenen Jahre sehr gelitten hat“, heißt es zum Beispiel bei der Deutsch-Indischen Gesellschaft. Doch wieso wollen sich auf einmal Deutsche von Villingen-Schwenningen bis Eckernförde mit buntem Pulver bewerfen?
Jasper Hellmann sitzt auf der Terrasse seines kleinen Büros in Berlin, es liegt im Hinterhof eines hübsch renovierten Altbaus in Friedrichshain. „Holi Concept GmbH“ steht an der Klingel, so heißt die Firma, die Hellmann mit Freunden gegründet hat und mit der er heute zu einem der größten Veranstalter von Holi-Festivals geworden ist.
Hellmann sagt, er habe vor zwei Jahren eines oder vielleicht sogar das erste kommerzielle Holi-Fest der Welt veranstaltet. Die Idee dazu hatte er auf einer Reise. „2012 war ich in Indien, und als wir nach Delhi kamen, haben die Menschen dort gerade das Holi-Fest gefeiert.“ Auf einmal stand Hellmann zwischen ausgelassenen Indern, überall Farbpulver, lachende Gesichter. „Ich hab mich noch am gleichen Abend hingesetzt und recherchiert.“ Hellmann las von jahrhundertealten Traditionen, von heiligen Pulvern und von Kastenschranken, die durch die Farben unsichtbar werden. „Für ein paar Tage sind alle gleich und alle bunt - ich fand das einen sehr schönen Gedanken.“