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Hirohisa Koyama : Der Meister, das Messer, der Genuss

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Meisterkoch Hirohisa Koyama mit seinem Werkzeug

Meisterkoch Hirohisa Koyama mit seinem Werkzeug Bild: Wonge Bergmann

Ein Tag mit dem berühmten japanischen Koch Hirohisa Koyama, der Deutschland besucht: Zuerst gewährt er Einblicke in seine hohe Kunst, dann ist er neugierig auf den Sauerbraten eines deutschen Kollegen.

          6 Min.

          In der Lobby des Hotels warten wir auf ihn, den Großmeister der klassischen Küche aus Japan: Hirohisa Koyama. Der Mann, der auch für die Kaiserfamilie kocht, ist noch nicht zu sehen, seine Anwesenheit liegt aber schon in der Luft. Seine Entourage verbreitet reichlich Nervosität und sorgt für angespannte Betriebsamkeit im Haus. Eine ganze Woche hat sich der 61 Jahre alte Meister, einer der besten Köche der Welt, mit seinen Getreuen genommen, um sein legendäres „Kaiseki“- Menü vorzubereiten, beim Rheingau-Gourmet-Festival in Eltville-Hattenheim.

          Wie es sich für einen Star gehört, hat auch Koyama Fans, die an seiner Aura teilhaben dürfen. Susanna Wellenberg zum Beispiel; sie hat Koyama drei Jahre lang becirct und ihn, dessen europäische Aktivitäten sich vor allem auf Frankreich konzentrierten, schließlich glücklich in den Rheingau geholt, hier ins „Kronenschlösschen“. Auch die in Berlin lebende Kaoru Iriyama, die dem Meisterkoch am Rhein als Dolmetscherin dient und dafür mehrere Arbeitsaufenthalte in seinem Restaurant in Japan absolviert hat, steht jetzt unter Strom. Der große Moment ist nicht mehr fern. Die Treppenstufen knarren. Koyama-San schreitet herab.

          In der Vorbereitungsküche des „Kronenschlösschens“ dann erklärt Koyama, ein kräftiger Mann mit sehr lebhaften Augen, die jahrhundertealte kulinarische Tradition, in der er sich sieht. Die sehr lange Geschichte des Kaiseki in aller Kürze: Ihre ältesten Wurzeln liegen im heiligsten Shinto-Schrein Japans in Ise, etwa 500 Kilometer südlich von Tokio. Das Heiligtum ist Amaterasu geweiht, der Göttin der aufgehenden Sonne und des Lichts; der Legende nach ist aus ihr das Kaiserhaus hervorgegangen. Täglich werden Amaterasu Speisen in Form von Naruto-Brassen, Abalone oder Langusten aus der Bucht vor dem Schrein geopfert, frisch oder getrocknet, je nach Angebot und Jahreszeit. Im Ise-Schrein werden die Opfergaben ebenso wie die Nahrung für die Mönche auf Böden erzeugt, die zum Heiligtum gehören: kulinarischer Spiritualismus, wenn man so will.

          Der japanische Meisterkoch schneidet ein Fischfilet
          Der japanische Meisterkoch schneidet ein Fischfilet : Bild: Wonge Bergmann

          Großer Einfluss der Teezeremonie

          Großen Einfluss auf Koyamas Interpretation des Kaiseki hat zudem die Teezeremonie des „Sen no Rikyu“ genommen, die vor vierhundert Jahren ihre Blütezeit erlebte; sie symbolisiert bis heute die Kunst der Schlichtheit bei gleichzeitig höchster Konzentration durch die absolute Verfeinerung des Zeremoniells. Schließlich spielt die vor rund zweihundert Jahren populäre „Honzen“-Küche eine Rolle, die unter den Samurai populär wurde; Honzen kennzeichnet unter kulinarischen Gesichtspunkten das Garen der Speisen auf Feuer und mit heißen Steinen.

          „Die meisten meiner Kollegen, die Kaiseki kochen, konzentrieren sich dabei auf das relativ junge Honzen“, erläutert Koyama. „Ich bin praktisch der Erste gewesen, der auch den Beginn ins Kaiseki einbezieht“ - eine Tradition, die 1300 Jahre zurückreicht. Deshalb führt sein Restaurant „Kokin Aoyagi“ auch die Schriftzeichen für „alt“ und „neu“ im Namen.

          Eine Symphonie aus Delikatessen

          Koyama war 26, als sein Vater starb und er das Restaurant in Naruto übernahm. Nach einem Studium entschloss er sich, Koch zu werden, und trat den langen Weg zum Meister an. Heute ist Koyama mehr als ein Küchenchef im europäischen Sinne; er ist ein Mann, dem zu dienen eine große Ehre ist. Das merkt man, wenn Koyama die Küche betritt und seine Mitarbeiter unaufgefordert das tun, was er erwartet: als könnten sie seine Gedanken lesen.

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