Harald Schmidt im Gespräch : „Ich bin eine Charaktermaske“
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„Ich habe mal gelesen, Elfriede Jelinek habe über mich gesagt, ich sei eine Charaktermaske“, sagt Harald Schmidt. „Da habe ich gleich eine Flasche Jahrgangs-Cuvée aufgemacht und das Wort nachgeschlagen.“ Bild: Daniel Pilar
Er ist einer der letzten Heterosexuellen, die noch Kinder adoptieren würden, er fordert uneingeschränkte Solidarität mit Rainer Brüderle und würde seine Show selbst dann weitermachen, wenn niemand sie mehr sähe: Ein Gespräch mit Entertainer Harald Schmidt.
Herr Schmidt, der Literaturkritiker Fritz J. Raddatz hat sich an dieser Stelle vor ein paar Monaten über die angebliche Unsitte meiner Generation aufgeregt, „die Jeans auf den nackten Arsch zu ziehen“. Ist Ihnen das auch schon unangenehm aufgefallen?
Ich weiß nicht, welcher Lebensmensch das dem legitimen Erben Tucholskys erzählt hat. Ich habe das noch nicht beobachtet, aber ich bin ja auch heterosexuell, sozusagen einer der wenigen, die noch traditionell adoptieren. Oder es gleich selbst machen. Ich kann aber erahnen, wovon Fritz J. Raddatz spricht, weil ich ja im Showgeschäft bin. Mir sagen homosexuelle Mitarbeiter, man wird heutzutage gegen vier Uhr morgens im Darkroom mit dem Satz begrüßt: „Ich bin unterhalb der Nachweisgrenze, lass uns feiern.“ Wer da Jeans oder auch nur Unterhose trägt, der ist so was von Eighties, der liest auch noch Günter Grass.
Über welche stilistischen Absonderlichkeiten regen Sie sich auf?
Aufregen hat so etwas Bemühtes. Wenn mir einer Kirschsaft aufs Kaschmirjackett kippt, dann rege ich mich nicht auf, sondern schmeiße das Jackett weg und nehme ein anderes aus dem Schrank.
Fanden Sie es stillos, dass sich Ihre früheren Mitarbeiter Herbert Feuerstein und Manuel Andrack vor einiger Zeit im „Spiegel“ über Sie ausgelassen haben?
Da greift der Satz von Tocotronic: „Was Du auch machst, mach es nicht selbst.“ Das heißt in dem Fall: Das Interview führten Andrack und Feuerstein für mich, und zwar unentgeltlich. Ich hab’ nämlich gar nicht die Zeit, mit den Lohnschreibern vom „Spiegel“ zu reden, die ja eigentlich ein Interview mit mir und Gottschalk machen wollten.
Sie sind den beiden also nicht böse?
Überhaupt nicht. Feuerstein darf sowieso alles. Er ist sozusagen mein Mastermind, durch den ich Late Night überhaupt erst kennengelernt habe. Dass er mich in dem Interview mit afrikanischen Diktatoren verglichen hat, hat mir geschmeichelt, denn Feuerstein kennt Afrika sehr gut.
Andrack sagte, Sie träten Leute, die auf dem Boden liegen, nicht, sondern sprängen auf sie drauf.
Das ist, wie wenn Sie über einen Erfolgstrainer sagen: Der ist so brutal. Mich interessiert das nur, wenn es einer sagt, während er Tag für Tag mit am Tisch sitzt. Andrack saß acht Jahre mit am Tisch, er hat nur davon profitiert und nie geklagt. Er hat aber auch Pech gehabt, weil er in dem Interview quasi groß ankündigte, dass es das für mich gewesen sei, und zwei Tage später kam ich dann mit dem neuen Sky-Deal um die Ecke.
Feuerstein sagte, Sie seien kein Mensch.
Das kann er nur nietzscheanisch gemeint haben. Drunter würde Feuerstein nie gehen, obwohl er mir gegenüber mal die Vermutung geäußert hat, er sei der uneheliche Sohn von Hitler. Zeitlich könnte es hinkommen – und er stammt ja auch aus der Nähe des Obersalzberges.
Ihren früheren Partner Oliver Pocher haben Sie als „adipöses Ex-Talent“ bezeichnet, auch Gottschalk haben Sie in letzter Zeit nicht immer nett behandelt. Ist das nicht unter Ihrem Niveau?