Geburtenrate in Deutschland : Bald wieder mehr Kinder?
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1,77 Kinder pro Frau: Die Geburtenrate in Deutschland soll in den nächsten Jahren wieder steigen Bild: dapd
Trotz sinkender Geburtenziffer prognostizieren Bevölkerungsforscher einen Anstieg der Geburtenrate in Deutschland. Denn Eltern bekommen heutzutage nicht weniger Kinder – sie lassen sich nur mehr Zeit.
Die endgültige Geburtenrate in Deutschland wird nach Darstellung von Bevölkerungswissenschaftlern in den kommenden Jahren wieder steigen. Es gebe Anzeichen für eine Trendwende, teilten Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Rostock am Donnerstag mit.
Mit den Frauen, die in den siebziger Jahren geboren wurden, steige die durchschnittliche Kinderzahl wieder. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse jetzt im Wissenschaftsmagazin „Population and Development Review“; die Autoren der Arbeit sind Mikko Myrskylä, Joshua Goldstein und Yen-hsin Alice Cheng.
Die Rostocker Wissenschaftler haben mit neuen Berechnungsmethoden 37Länder unter die Lupe genommen, unter denen viele bislang als Nationen mit besonders niedriger Fertilität galten. In 26 von ihnen steigen demnach die endgültigen Kinderzahlen pro Frau wieder oder sie sinken entgegen dem bislang beobachteten Abwärtstrend nicht weiter, sondern bleiben gleich.
Aktuell sichtbare Kinderzahl sinkt
Berechnet haben die Forscher die „endgültige Geburtenrate“. Die Kenngröße wird von Demografen auch als „Kohortenfertilität“ bezeichnet. Sie verweist auf die endgültige Zahl der Kinder, die Frauen eines bestimmten Geburtsjahrgangs (Kohorte) im Laufe ihres Lebens durchschnittlich bekommen. Exakt festgestellt werden kann das naturgemäß nur für Frauen, die 50 Jahre und älter sind und keine Kinder mehr bekommen. Für jüngere Jahrgänge schätzen die Forscher die Werte.
Die „endgültige Geburtenrate“ ist nicht zu verwechseln mit den in der Öffentlichkeit als „Geburtenrate“ bekannten Werten. Sie liegt in der Regel höher. Die Geburtenrate, in Deutschland „zusammengefasste Geburtenziffer“ genannt, gibt nicht die endgültige Zahl der Kinder an, die Frauen im Laufe ihres Lebens bekommen, sondern nur die aktuell sichtbare Kinderzahl pro Frau in einem bestimmten Kalenderjahr.
Da sich aber das Alter, in dem Frauen in den vergangenen Jahren Kinder bekommen haben, immer weiter nach hinten verschoben hat, war diese Geburtenziffer zuletzt in Deutschland gesunken. So gab das Statistische Bundesamt für 2011 eine „Periodenfertilität“ von 1,36 Kindern pro Frau an, die „Kohortenfertilität“ für Frauen, die im selben Kalenderjahr 35 waren, schätzen die Rostocker Forscher aber jetzt auf 1,54 für Ostdeutschland und 1,57 für Westdeutschland.
Joshua Goldstein sagt: „Die öffentlich debattierten Periodenraten sind zu einem großen Teil deswegen so niedrig, weil die Eltern später Kinder bekommen, nicht aber weniger.“ Für die heute 34 Jahre alten Frauen in Deutschland wird die Kohortenfertilität nach Darstellung der Rostocker Wissenschaftler bei rund 1,6 Kindern pro Frau liegen, mit steigendem Trend.
„Mit den Frauen, die in den siebziger Jahren geboren wurden, kommt die Trendwende“, sagt Goldstein. Im Osten markiere der Jahrgang 1971 das Ende des Rückgangs: Dessen Frauen werden nach den Berechnungen endgültig 1,51 Kinder geboren haben. Danach steigen die Werte, und die 1979 geborenen Frauen werden schon 1,58 Kinder zur Welt gebracht haben. Im Westen erreicht die Talsohle schon der Jahrgang 1968 mit endgültig 1,46 Kindern.
Die nur elf Jahre jüngeren Frauen des Jahrgangs 1979 werden hingegen auf 1,57 Kinder gekommen sein, wenn sie 50 Jahre alt sind. Im Durchschnitt aller 37 untersuchten Länder liegt die endgültige Geburtenrate für den Jahrgang 1975 bei 1,77 Kindern pro Frau. Außerordentliche Zuwächse gibt es zum Beispiel in Großbritannien und auch in den Vereinigten Staaten von Amerika. Entgegen dem allgemeinen Trend sinkt die Kohortenfertilität in wenigen Staaten der Welt weiter, etwa in Portugal oder Taiwan.