Deutscher Adel : Was macht der Prinz heute?
- -Aktualisiert am
Es ist beileibe nicht nur untertänige Verehrung, die dem Erbprinzen im Stammland der Welfen begegnet. Wenn Ernst August junior aus England nach Hannover reist, betritt er ein für ihn schwieriges Geläuf. Um zu erkennen, dass das welfische Erbe in der Region an Bedeutung sogar noch hinzugewonnen hat, braucht man in Hannover nur ein paar Schritte aus dem Hauptbahnhof heraustreten auf den Ernst-August-Platz. Dominiert wird die halbrunde Fläche traditionell von einem Reiterstandbild Königs Ernst August I. in Kavallerieuniform. Seit einigen Jahren firmiert jedoch auch die einstige Königliche Eisenbahndirektion zu seiner Linken unter den Namen „Ernst-August-Carrée“. Und zu seiner Rechten steht ein neuerbautes Shoppingcenter, dem man den Namen „Ernst-August-Galerie“ verpasst hat.
Bis heute übel genommen
Der geschichtsträchtige Name liegt im historisch sonst eher flachwurzeligen Niedersachsen im Trend. Andererseits wurde im Bezirksrat erst jüngst über eine Entwidmung des Platzes diskutiert. Und in Göttingen wird der dortige Bahnhofsvorplatz seit kurzem von einem Standbild geschmückt, das sich ganz offen als Gegenbild zum Hannoveraner Ernst-August-Standbild zu erkennen gibt. Zu sehen ist ein leerer Sockel ohne Ross und Reiter, auf dem statt des Namens von König Ernst August I. die Namen jener sieben Göttinger Professoren eingraviert sind, die 1837 gegen die Aufhebung der Verfassung durch den Herrscher protestierten und von diesem hart dafür bestraft wurden. Das Erbe der Welfen ist ein zwiespältiges und entzweit die Niedersachsen bis heute.
Nach dem NDR-Bericht über die braunen Verstrickungen der Welfen wurde in den Leserbriefspalten der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ deshalb auch ausführlich auf jene Vorkommnisse aus der jüngeren Vergangenheit verwiesen, die man dem alten Herrscherhaus bis heute übelnimmt. Etwa die Versteigerung des aus Welfenbesitz angeblich verschwundenen Evangeliars Heinrich des Löwen im Jahr 1983. Damals ersteigerte das Land Niedersachsen mit Hilfe des Bundes, des Freistaats Bayern und Spenden der Bürger diesen herausragenden Kulturschatz aus dem zwölften Jahrhundert für 32,5 Millionen Mark, nachdem er bei Sotheby’s zur Versteigerung angeboten worden war. Schon damals galt die Vermutung als naheliegend, dass hinter den unbekannten Anbietern – zumindest mittelbar – die Welfen standen. Ein bei der Rückholung des Evangeliars an entscheidender Stelle Beteiligter vermutet in der Rückschau, die englischen Royals hätten den Welfen nach dem Krieg finanziell aus der Misere geholfen, aber ihr Geld irgendwann wiedersehen wollen. Aufgeklärt ist die Angelegenheit nicht, auch der Erbprinz sieht auf Nachfrage dafür keine Notwendigkeit: „Ob die Familie involviert war oder nicht, darüber möchte ich nicht spekulieren.“
„Ich bin kein Sprachmensch, das weiß ich“
Verstört ist man in Niedersachsen bis heute noch über eine weitere Auktion. 2005 ließen die Welfen auf der Marienburg von Sotheby’s mehr als 20.000 Objekte aus ihrem Besitz versteigern und erlösten dabei rund 44 Millionen Euro. Der Onkel des Erbprinzen, Prinz Heinrich, der in Göttingen einen historischen Verlag betreibt, prangerte die Auktion öffentlich als „Ausverkauf des kulturellen Erbes“ an. Einlieferer der Auktionsgegenstände war damals schon der junge Erbprinz. Der einem breiten Publikum vor allem durch seine zweite Ehe mit Caroline von Monaco sowie diverse Eskapaden bekannte Vater hatte dem Sohn aus erster Ehe im Jahr zuvor die deutschen Besitzungen übertragen.