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Weltraummission gestartet : Diese Wissenschaftler bringen Israels Flagge auf den Mond

Bild: Reuters

Alles begann vor acht Jahren, als drei junge befreundete Ingenieure entschieden, an einem Preisausschreiben der Firma Google teilzunehmen. Jetzt ist ein Raumschiff aus Israel auf dem Weg zum Mond – um ein Mysterium zu erforschen.

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          Drei Tage haben die ersten Menschen benötigt, um auf den Mond zu gelangen. Anderthalb Monate Zeit nimmt sich die erste unbemannte Raumsonde aus Israel dafür. Der Start der Falcon-9-Rakete in Cape Canaveral in der Nacht zum Freitag verlief wie geplant. Als die Erdumlaufbahn nach einer halben Stunde erreicht war, wurde die Mondsonde Bereschit („am Anfang“, Genesis) abgekoppelt. Wenig später folgte die Hauptlast der Rakete, der Telekommunikationssatellit „Nusantara Satru“ aus Indonesien, das den größten Anteil der Startkosten an die amerikanische Firma SpaceX bezahlt. Außerdem ein Forschungssatellit der amerikanischen Luftwaffe.

          Jochen Stahnke
          Politischer Korrespondent für China, Taiwan und Nordkorea mit Sitz in Peking.

          Während der amerikanische und der indonesische Satellit im Orbit verbleiben, soll sich Bereschit in größer werdenden Ellipsen aus der Erdumlaufbahn entfernen, bis das winzige Raumschiff nach 40 Tagen von der Mondanziehungskraft erfasst wird und nach einer weiteren Woche in der Mondumlaufbahn den Mond berührt. Die Landung ist für den 11. April vorgesehen. Es wäre das erste israelische Raumfahrzeug, das kontrolliert auf dem Mond aufsetzt und nach Amerika, der Sowjetunion und China die vierte Nation, die dies unternimmt, wenn auch nicht vollständig mit eigener Technik.

          Bereschit wiegt nur 600 Kilogramm, hat weniger als 100 Millionen Dollar gekostet und wäre das leichteste und günstigste Raumfahrzeug, das jemals auf dem Mond gelandet ist. Alles begann vor acht Jahren, als drei junge befreundete Ingenieure in Israel entschieden, an einem Preisausschreiben der Firma Google teilzunehmen, die zwanzig Millionen Dollar für jene versprach, die ein unbemanntes Raumfahrzeug privat finanziert auf den Mond bringen. Die Ausschreibung endete ohne Gewinner, aber „Space IL“ hatte genug Sponsoren, um weitermachen zu können: vor allem Morris Kahn, einen aus Südafrika stammender Unternehmer, der vierzig Millionen Dollar spendete, sowie den amerikanische Kasino-Milliardär Sheldon Adelson. Kahn erklärte das Vorhaben zu einem „nationalen Projekt“. Der staatliche Rüstungskonzern IAI wurde Kooperationspartner. Neben dem nationalen Prestige erwartet die israelische Regierung einen „Apollo-Effekt“, um junge Israelis für den Weltraum und das Ingenieurswesen zu begeistern. An Wissenschaft während der Mondmission dachte zunächst niemand.

          Oded Aharonson, der Chef-Wissenschaftler des Projekts im Weizmann-Institut in Rehovot
          Oded Aharonson, der Chef-Wissenschaftler des Projekts im Weizmann-Institut in Rehovot : Bild: Jochen Stahnke

          „Ich fragte die Projektleiter, was sie tun werden, wenn sie auf dem Mond gelandet sind“, sagt Professor Oded Aharonson, der die Astronomie-Abteilung des Weizmann-Instituts in Rehovot leitet. „Ein Selfie, und dann feiern wir“, habe man ihm geantwortet. Aharonson überzeugte sie, auch ein Wissenschaftsprojekt mitzunehmen. Ein zunächst angedachtes seismologisches Experiment war nicht möglich, weil Bereschit auf dem Mond angesichts der extremen Temperaturen nur zwei Tage überleben wird. Zu kurz, um auf ein Mondbeben zu warten. Aharonson entschied, die Magnetfelder des Mondes zu untersuchen. Der dazu nötige Magnetometer wiegt weniger als ein Kilogramm und braucht kaum Strom.

          „Es gibt ein Mysterium auf dem Mond“, sagt Aharonson. „Das Mondgestein ist in alle Richtungen magnetisiert, auch wenn der Mond kein globales Magnetfeld mehr hat wie die Erde.“ Auf der Erde wird es durch Strömungen des flüssigen eisenhaltigen Erdkerns erzeugt: Ein sich selbst erhaltendes Magnetfeld entsteht, der Geodynamo, von dem der größere Teil des Erdgestein seine Magnetisierung erhält. Der Kern des Mondes hingegen ist erkaltet, trotzdem gibt es magnetisiertes Mondgestein. Aharonson möchte untersuchen, wie und wann das Gestein auf dem Mond seine Magnetisierung erhielt. Hatte auch der Mond einst einen heißen Kern, der das Gestein bis heute magnetisiert hat? Erhielt ein Teil des Gesteins seine Magnetisierung durch Schockwellen von Asteroideneinschlägen? Oder direkt durch magnetisches Gestein der Asteroiden? „Der frühe Mond ist ein Rätsel“, sagt Aharonson.

          Mit Weltraummissionen kennt sich Aharonson aus. Nach seinem Wehrdienst in der israelischen Luftwaffe promovierte er am MIT, lehrte an der Universität Caltech in Kalifornien und arbeitete für verschiedene Mars- und Mond-Missionen der Nasa. 2012 ging er zurück nach Israel, als das israelische Weizmann-Institut einen eigenen Forschungsbereich für Planetenkunde eröffnete. Aharonson wurde der Direktor, mit ihm wechselten mehrere jüdische Caltech-Forscher nach Israel.

          Die alten Verbindungen zur amerikanischen Weltraumbehörde Nasa halfen. Bereschit trägt einen fünf Zentimeter großen verspiegelten Laser-Reflektor mit an Bord, der eine präzise Entfernung zwischen der Sonde und dem Mond ermitteln kann. Die Nasa testet dieses System, um künftig die Entfernung zu anderen Objekten wie Asteroiden genauer bestimmen zu können. Im Gegenzug überlassen die Amerikaner den Israelis die Nutzung ihres Deep-Space-Netzwerks, damit Aharonson seine Daten herunterladen kann. Dass die israelische Fahne auf dem Mond die größte Aufmerksamkeit bekommen wird, stört ihn nicht. „Mich treiben andere Dinge.“

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