David Safier : Ein Zeichen hin zum Leben
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David Safiers neues Buch erzählt vom Aufstand im Warschauer Getto. Bild: Kaufhold, Marcus
David Safier wurde als Schrifsteller mit lustiger und leichter Lektüre populär. Sein neues Buch erzählt vom Aufstand der Juden im Warschauer Getto. Der Stoff berührt ihn persönlich.
Am Ende unseres Gesprächs an diesem Vormittag wirkt David Safier ein wenig angeschlagen. Am Abend zuvor hier in Köln, wo er auf einem Rheinschiff vor 700 Zuhörern aus seinem neuen Buch gelesen hat, ist es spät geworden, und Safier hat - für seine Verhältnisse - leicht über die Stränge geschlagen und ein bisschen getrunken; eigentlich meidet er Alkohol und Zigaretten und joggt jeden zweiten Tag, weshalb er etliche Kilos verloren hat.

Redakteur im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Doch nicht nur der ungewohnte Alkohol hat Safier ein wenig mitgenommen, sondern wohl auch das Gespräch selbst, das uns in die Abgründe der deutschen Geschichte geführt hat und tief hinein in seine eigene Familiengeschichte, die mit ihren dramatischen und tragischen Momenten selbst Stoff für ein Buch böte.
Safier ist erst noch dabei, sich daran zu gewöhnen, dass sich ein Interview in eine solche Richtung dreht. Zwar ist er selbst als gelernter Journalist und Autor von fünf sicheren Bestsellern hinreichend routiniert im Mediengeschäft. Allerdings erzählten seine früheren Romane skurrile Geschichten etwa über ein paar friesische Kühe auf dem Weg nach Indien („Muh!“) oder eine Familie, die sich plötzlich in ein Horrorfigurenkabinett mit Werwolf, Vampir und Mumie verwandelt sieht („Happy Family“). Und da lagen Fragen, inwieweit das alles etwas mit Safier selbst zu tun hat, nicht eben nahe. Nun aber, bei Safiers neuem Buch, ist alles anders. Auch seine Stammleser werden sich umstellen müssen.
Sein neues Buch erzählt vom Aufstand im Warschauer Getto
„28 Tage lang“ erzählt vom Aufstand im Warschauer Getto, bei dem sich im Frühjahr 1943 rund 750 zumeist junge Juden mit dem Mut der Verzweiflung gegen die übermächtigen deutschen Besatzer erhoben. Es war ein bewundernswerter Kampf auf verlorenem Posten, der damit endete, dass die SS die Häuser niederbrannte und das Getto mitsamt seinen Bewohnern nahezu vollständig vernichtete; einigen wenigen Menschen gelang wie durch ein Wunder die Flucht.
Trotz des verheerenden Ausgangs wurde der Aufstand, der den Deutschen erhebliche Verluste beibrachte, zum glanzvollen Symbol des jüdischen Widerstands und zu einem Gründungsmythos des Staates Israel. In Deutschland hingegen ist, was damals geschah, vielen unbekannt; am meisten erfahren hat man hierzulande durch die Memoiren Marcel Reich-Ranickis, der das Getto gemeinsam mit seiner Frau Tosia überlebt hat.
Fiktive Protagonisten erzählen historische Fakten
David Safiers Roman hält sich eng an die historischen Fakten, die durch Zeitzeugenberichte und Forschung umfassend dokumentiert sind, er lässt reale Figuren auftreten und schildert das Geschehen doch aus der Perspektive eines fiktiven Protagonisten. Es ist, wie eigentlich stets bei Safier, eine Frau: die bald 17 Jahre alte Mira, die versucht, ihrer kleinen Familie durch Schmuggelgeschäfte ein erträgliches Leben zu erhalten, und sich irgendwann den Kämpfern anschließt. Mit Miras Augen blicken die Leser, Safier möchte vor allem auch die jungen ansprechen, auf das Grauen im Getto und die zaghaft glimmenden Hoffnungsschimmer, die allzu oft brutal niedergetrampelt werden.
Es gibt schockierende Momente in diesem Buch, das Safier ohne Pathos, sondern in typisch knapper, aufs Wesentliche konzentrierter Sprache erzählt, und es fehlt fast völlig das, was seine bisherigen Werke zuvorderst ausgemacht hat: die Komik.