Atommülllager Asse II : Bürger sollen Radioaktivität selbst messen
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Das moderne Gamma-Spektrometer in Remlingen Semmenstedt ist öffentlich zugänglich. Bild: dpa
Das Atommülllager Asse II muss bald geräumt werden. An einer öffentlich zugänglichen Messestelle können Bürger lernen, Radioaktivität von Umweltproben aus der Umgebung selbst zu messen und zu interpretieren.
Wohin mit den rund 126.000 Fässern schwach- und mittelradioaktiver Abfälle, die in der maroden Schachtanlage Asse II im Landkreis Wolfenbüttel in Niedersachsen lagern, ist nach wie vor eine offene Frage. Weil schon länger Wasser eindringt und langfristig eine Umweltkatastrophe drohen könnte, muss das Atommülllager geräumt und der brisante Abfall, der vor allem aus Kernkraftwerken, der Forschung und von Krankenhäusern stammt, woanders zwischengelagert werden, spätestens bis zum Jahr 2033. Um frühere Fehler wie in Gorleben zu vermeiden, soll die Bevölkerung der Region bei der Rückholung des radioaktiven Materials aus dem Schacht eingebunden werden.
Vor diesem Hintergrund ist jetzt eine öffentlich zugängliche Messstelle für Umweltradioaktivität in der Gemeinde Remlingen-Semmenstedt unweit der Asse eingerichtet worden. An einem modernen Gamma-Spektrometer können dort interessierte Bürger und Schüler lernen, Radioaktivität von Umweltproben aus der Umgebung selbst zu messen und die gemessenen Werte zu interpretieren und einzuschätzen. Betreut wird dieses in Deutschland bislang einmalige Projekt von Wissenschaftlern des Instituts für Radioökologie und Strahlenschutz der Leibniz Universität in Hannover. „Das Messgerät ist so empfindlich, dass es zwischen natürlicher und künstlicher Radioaktivität unterscheiden kann“, sagt Clemens Walther, stellvertretender Sprecher des Projekts.
Durch den Einbezug der lokalen Bevölkerung in die Messung von Umweltradioaktivität hofft man, eine wissenschaftlich fundierte Basis für den öffentlichen Diskurs über das nach wie vor zu lösenden Problem der Endlagerung radioaktiver Stoffe zu schaffen. Die Forscher aus Hannover stützen sich auf Erfahrungen in den Vereinigten Staaten, wo etwa im ehemaligen Atomwaffentestgelände in Nevada schon in den Achtzigerjahren Messstellen für die Bevölkerung eingerichtet wurden. Indem Bürgern die Möglichkeit eröffnet werde, „eigene Messexpertise aufzubauen, Daten korrekt zu interpretieren, und Messergebnisse konsequent veröffentlicht werden, wird in diesem sensiblen Themenfeld ein wichtiger Beitrag zur informativen Selbstbestimmung in der Bevölkerung geschaffen“, sagt Walther.