Detektiv der „alten Schule“ : Die Einsamkeit des Langstreckenermittlers
- -Aktualisiert am
„Wohin geht die Zielperson?“: Steffen Randel bei der Arbeit in, sagen wir, einer deutschen Großstadt. Bild: Jens Gyarmaty
Bevor Polizisten und Anwälte Kriminalfälle übernehmen, gibt es oft einen Detektiv, der gegen Verbrecher und untreue Ehepartner ermittelt. Manchmal wird es sogar brenzlig – wir waren bei einer Observation dabei.
Wie ein einsames Kamel in der Wüste steht der silbergraue Mercedes auf dem Parkdeck eines Supermarktes, irgendwo in Hessen. Die Fahrertür geht auf, aus dem Wagen steigt ein sportlicher Typ, Anfang fünfzig, die dunklen Haare mit den gräulichen Strähnen akkurat nach hinten gekämmt. Der Mann mit der Jeansweste ist Detektiv, sein Name Steffen Randel. An diesem Frühlingstag geht es um Betrug. Randel soll ihn aufdecken.
Ein Mitarbeiter eines Autoherstellers steht unter Verdacht, Autoteile aus dem Lager zu klauen und weiterzuverkaufen. Der Schaden liegt inzwischen bei hunderttausend Euro, heißt es von dem Auftraggeber, der namentlich nicht in Erscheinung treten will. Das Unternehmen selbst hat aber keine Beweise gegen seinen Angestellten, auch die Polizei könnte in diesem Fall nicht helfen. Das ist ein Fall für Randel: „Wir sind da sozusagen in einer Nische.“ Er hat einen Kollegen in den Betrieb eingeschleust. In einem Bus vor dem Gelände sitzt ein weiterer Kollege und beobachtet das Auto des Verdächtigen. Dieser soll jede Mittagspause nutzen, um gestohlene Autoteile wegzubringen. Wohin, ist unklar. Zwei Detektive wollen ihm folgen. Unauffällig, aber nah dran.
Randel ist ein abgebrühter, ein erfahrener Detektiv, der Ruhe ausstrahlt. Seit fast 30 Jahren macht er diesen Beruf. Ausgebildet wurde er beim Militär in der DDR. Personenschutz in Ost-Berlin, mehr sagt er dazu nicht. Ende der achtziger Jahre folgte ein Studienabschluss, mit der Wende kehrte er dem Osten den Rücken zu. Ein Anruf in einer Detektei brachte ihn in die Branche, seit mehreren Jahren ist er selbständig, sagt er.
Jetzt sitzt Randel in den tiefen dunklen Ledersitzen seines Wagens und holt einen Zettel mit dem Auftrag hervor. Das Walkie-Talkie ist angeschaltet, die Digitalkamera liegt bereit. Mehr Technik verwendet er nicht. Darf er auch nicht: Verdächtige abhören oder deren Autos mit Peilsendern ausstatten ist ihm nicht erlaubt. Detektive ersetzen nicht die Polizei – sie ergänzen deren Arbeit. Das Gros der Observationen meldet Randel daher vorher bei der Polizei an, auch um nicht in Kollision mit den Behörden zu geraten.
Wenn Randel erzählt, spricht er von Zielpersonen, Observationen und Maßnahmen. Das hat fast etwas Amtliches. Seine Sätze kommen ohne Übertreibungen aus, kein Satz versandet. Doch unter den Worten steigen Geschichten hervor, die an den „Tatort“ erinnern.
Dann geht es plötzlich los. Das Walkie-Talkie rauscht, eine Stimme ist aber nicht zu hören. Randel funkt seine Kollegen an, erkundigt sich: „Passiert bei euch was?“ Keine Antwort. Fast eine halbe Minute verstreicht, bis Randel noch mal nachfragt. Er dreht schon mal den Zündschlüssel um. Dann spricht der Kollege aus dem Bus: Der Verdächtige habe eine Tüte in sein Auto gelegt und fahre los. Koordinaten werden durchgegeben. Randel drückt aufs Gas. Seine Augen gehören der Straße, seine Stimme dem Walkie-Talkie. Jetzt darf er sich keinen Fehler erlauben.
Zwischen Unsicherheitsfaktoren und glücklichen Zufällen
Jeder Fall ist anders, sagt Randel. „Wir arbeiten da mit Menschen, mit ganz vielen Unsicherheitsfaktoren.“ Es gibt Aufträge, die sich als schwieriger erweisen als vorher angenommen. Bei anderen Fällen, die komplex erscheinen, spielt Kommissar Zufall mit. Nicht jeden Fall könne er lösen. Noch schlimmer sei es aber, aufzufliegen. Das habe er zuletzt vor Jahrzehnten mal erlebt. In solchen Situation müsse man „bretthart seine Legende durchziehen“ und sich beispielsweise als Hausmeister oder Dachdecker ausgeben. Sich als Polizist ausgeben wäre Amtsanmaßung – und das ist strafbar.