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Abou-Chaker vs. Bushido : „Hüte deine Zunge, bevor ich sie dir abschneide“

Als Nebenkläger im Gericht: der Rapper Bushido Bild: dpa

Der Rapper Bushido und Arafat Abou-Chaker haben sich am Montag vor Gericht getroffen. Dem Clanchef und seinen Brüdern wird vorgeworfen, den Rapper bedroht, verletzt und eingesperrt zu haben. Doch auch gegen Bushido wurde ermittelt – wegen Geldwäsche.

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          Es ist 10.40 Uhr, als der Rapper Bushido am Montag durch eine Hintertür auf den Flur des Kriminalgerichts Moabit tritt. Er wird umringt von fünf maskierten, bewaffneten Personenschützern in kugelsicheren Westen, sie begleiten ihn in Saal 500. Dort wartet bereits sein ehemaliger Geschäftspartner Arafat Abou-Chaker auf der Anklagebank, er schaut Bushido an, der setzt sich auf seinen Platz. Der Berliner Clanchef war wenige Minuten vorher über den Flur gelaufen, kurz darauf folgten zwei seiner Brüder. Ein vierter Bruder konnte nicht den öffentlichen Eingang nehmen, er sitzt aktuell in Untersuchungshaft.

          Sebastian Eder
          Redakteur im Ressort „Gesellschaft & Stil“.

          Gegen die vier Abou-Chaker-Brüder wird seit Montag am Landgericht Berlin wegen verschiedener Vorwürfe zum Nachteil von Bushido verhandelt. Der Prozess ist der vorläufige Höhepunkt eines Konflikts, der in Deutschland wohl einmalig ist: Einer der erfolgreichsten Musiker des Landes hatte sich mit einem kriminellen Clan verbündet, jahrelang von ihm profitiert, bis er sich schließlich trennen wollte – und daraufhin massiv bedroht worden sein soll.

          Im Gerichtssaal werden am Montag zunächst die Personalien festgestellt: Arafat Abou-Chaker gibt an, dass er 1976 in Berlin geboren wurde, von seiner Frau geschieden ist, fünf Kinder hat und gelernter KFZ-Mechaniker ist. Aktuell sei er selbständig in der „Vermietung und Verpachtung“. Seine Brüder geben an, keine Berufe erlernt zu haben, alle drei haben ebenfalls mehrere Kinder. Oberstaatsanwältin Petra Leister verliest die Anklageschrift: Bushido habe sich 2017 von Abou-Chaker trennen wollen. Der habe das nicht akzeptieren wollen und eine von Bushido angebotene Abfindesumme in Höhe von mehreren Millionen Euro als zu niedrig abgetan.

          Danach soll der Konflikt eskaliert sein. Abou-Chaker werden jetzt unter anderem versuchte schwere räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung, gefährliche Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung und Untreue vorgeworfen. Seine Brüder sollen sich an einzelnen Taten beteiligt haben. Einem Bruder wird vorgeworfen, im März 2018 ohne Wissen von Bushido 180.000 Euro von einem gemeinsamen Firmenkonto abgehoben und Arafat Abou-Chaker übergeben zu haben.

          Zentral sind in dem Prozess zwei Treffen im Dezember 2017 und Januar 2018: Abou-Chaker soll Bushido jeweils in seine Büroräume einbestellt haben, von innen abgeschlossen und den Rapper gemeinsam mit seinen Brüdern stundenlang beschimpft und drangsaliert haben. Es sollen Sätze gefallen sein wie: „Hüte deine Zunge, du Stück Scheiße, bevor ich sie dir abschneide.“ Oder: „Du kommst hier erst wieder raus, wenn du uns die Wahrheit gesagt hast.“ Während Leister diese Sätze am Montag vorträgt, liest Bushido die Anklageschrift konzentriert mit. Er ist in den vergangenen Monaten deutlich muskulöser geworden, den Blickkontakt mit Abou-Chaker vermeidet er. Der schaut Bushido dagegen immer wieder an und lacht an einer Stelle: Als die Staatsanwältin beschreibt, wie Abou-Chaker nach dem ersten Treffen in seinem Büro die Tür wieder aufgeschlossen und Bushido habe gehen lassen. Dass Abou-Chaker die Vorwürfe für lächerlich hält, ist kein Geheimnis. Das zweite Treffen soll für Bushido allerdings weniger glimpflich verlaufen sein. Abou-Chaker soll ihm eine halbvolle Wasserflasche aus Hartplastik an den Kopf geworfen und mit einem Stuhl nach ihm geschlagen haben. Bushido soll leicht verletzt worden sein und sich wegen des Vorfalls später in psychologische Behandlung begeben haben.

          Die Anwälte der Abou-Chakers erklären am Montag geschlossen, dass ihre Mandaten „gegenwärtig“ nicht zu den Vorwürfen Stellung nehmen wollen. Außerdem stellen sie einen Antrag: Bevor sie Bushido als Zeuge befragen, wollen sie Einsicht in Aussagen haben, die Bushido als Beschuldigter in einem Verfahren wegen Geldwäsche gemacht habe. Der Rapper und seine Frau hätten dabei auch über Abou-Chaker gesprochen, die Aussagen seien von „entscheidender Bedeutung“ für dieses Verfahren. Bushidos Verteidiger bestätigt laut „Bild“ später, dass es mal ein entsprechendes Verfahren gab, das aber eingestellt worden sei. Staatsanwältin Leister erwidert im Gericht, dass alle relevanten Vernehmungen in der Akte seien – sie sich aber sicherheitshalber bis Mittwoch noch mal informieren wolle. Bushido wird als Zeuge für Mittwoch ausgeladen, als Nebenkläger könnte er aber trotzdem wieder am Prozess teilnehmen. Und sollten der Verteidigung bereits alle relevanten Vernehmungen vorliegen, könnte der Richter ihn fragen, ob er doch direkt aussagen will. Bisher wirkt es nicht, als würde sich Bushido davor scheuen. Möglicherweise hatten die Anwälte der Abou-Chakers aber auch ein anderes Ziel: Dass bekannt wird, dass gegen Bushido wegen Geldwäsche ermittelt wurde.

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