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Thüringen : Landtag beschließt Mafia-U-Ausschuss

  • Aktualisiert am

Sitzung des Thüringer Landtags in dieser Woche Bild: dpa

Unter dem Decknamen „Fido“ wurde in Erfurt gegen mutmaßliche Mafiosi ermittelt. Nun soll untersucht werden, weshalb das Verfahren eingestellt worden ist. Hintergrund sind Recherchen des MDR und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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          Knapp fünf Monate vor der anvisierten Landtagswahl hat das Thüringer Parlament einen neuen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der Mafia-Ermittlungen vor etwa zwanzig Jahren beleuchten soll. Ein entsprechender Antrag von Linken, SPD und Grünen blieb im Parlament unwidersprochen, womit die Einsetzung als beschlossen gilt. Der Ausschuss soll sich mit den Hintergründen des gestoppten Ermittlungsverfahrens mit Decknamen „Fido“ gegen mutmaßliche Mitglieder der `Ndrangheta in Thüringen beschäftigen. Hintergrund sind Recherchen des MDR und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

          Das Verfahren unter dem Namen „Operation Fido“ war von Oktober 2000 an von der Staatsanwaltschaft Gera, dem Bundeskriminalamt und dem Thüringer Landeskriminalamt unter großer Geheimhaltung geführt worden. Es richtete sich gegen mehrere Beschuldigte in Erfurt, die verdächtigt wurden, Geldwäsche im Auftrag der `Ndrangheta zu betreiben. Zu einer Anklage allerdings kam es nie. Nach etwa zwei Jahren wurden alle operativen Maßnahmen beendet – nach Informationen von MDR und F.A.Z. spielten dabei Kompetenzgerangel und Behördenstreitigkeiten eine große Rolle. Ein ranghoher Ermittler sagte rückblickend: „Es gab damals keinen sachlichen Grund, das Verfahren einzustellen.“ Offiziell wurde das Verfahren dann 2006 eingestellt – mangels hinreichenden Tatverdachts.

          Der Untersuchungsausschuss soll nun unter anderem klären, warum das Verfahren tatsächlich eingestellt wurde. Außerdem soll untersucht werden, ob es in den Ermittlungen Anhaltspunkte auf mögliche Verbindungen von Beschuldigten des Verfahrens zu Politik, Verwaltung oder Justiz gab.

          Die Grünen-Abgeordnete Madeleine Henfling sagte, es gebe unter anderem Korruptionsvorwürfe, denen nachzugehen sei. Man sei im Innenausschuss mit Fragen an die Landesregierung an Grenzen gestoßen. Der Ausschuss solle nun klären, ob man den Anhaltspunkten weiter nachgehen sollte. Mehrere Abgeordnete von Rot-Rot-Grün und der CDU argumentierten, dass der Ausschuss auch dazu diene, Akten zu sichern, damit diese nicht verloren gehen. Justizminister Dirk Adams (Grüne) sagte, das Parlament agiere völlig frei. „Die Landesregierung ist bereit und vorbereitet, ihre Fragen zu beantworten.“

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          ’ndrangheta : Warum die kalabrische Mafia so mächtig ist Bild: Picture-Alliance

          In dem Antrag von Rot-Rot-Grün wird die Landesregierung aufgefordert, die entsprechenden Akten und Unterlagen im Zusammenhang mit den „Fido“-Ermittlungen bereitzustellen. Außerdem soll sie etwaige geplante Löschungen von Daten oder Akten aussetzen. Die SPD-Abgeordnete Dorothea Marx sagte, dass etliche Akten überhaupt nur noch vorhanden seien, weil es ein umfassendes Löschmoratorium im Rahmen der NSU-Untersuchungsausschüsse gegeben habe.

          Nach Einschätzung des CDU-Innenpolitikers Raymond Walk hat die Organisierte Kriminalität in Thüringen spätestens seit den neunziger Jahren Fuß gefasst. Er warnte vor einem Vertrauensverlust der Menschen in die Politik, wenn diese den Eindruck bekämen, der Staat habe das Heft des Handelns nicht mehr in den Händen.

          Die Reportage der F.A.S. über den Verdacht der Ermittler in Erfurt, geheime Abhörprotokolle und das Ende des Verfahrens können Sie hier mit F+ lesen.

          Die „Story im Ersten“ zum Thema ist in der Mediathek der ARD zu sehen.

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