
Einmaliges Urteil in Berlin : Ein Auto als Mordwaffe
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Der Angeklagte Hamdi H. verdeckt am Montag in Landgericht in Berlin sein Gesicht Bild: dpa
Weil sie mit „bedingtem Tötungsvorsatz“ durch Berlin gerast waren, sind zwei Autofahrer wegen Mordes verurteilt worden. Bisher waren Raser immer mit deutlich milderen Strafen davon gekommen. Das Urteil hat Signalwirkung.
Das Berliner Landgericht hat zwei Teilnehmer an einem illegalen Autorennen, bei dem vor einem Jahr ein Passant ums Leben gekommen war, des Mordes für schuldig befunden und zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Die beiden Männer waren am 1. Februar mit ihren Autos in Berlin den Straßenzug Tauentzienstraße/Kurfürstendamm entlang gerast, erreichten eine Geschwindigkeit von bis zu 160 Kilometern pro Stunde und überfuhren mehrere rote Ampeln. Schließlich kollidierte Hamdi H., einer der beiden Raser, mit dem Wagen eines 69 Jahre alten Mannes, der bei Grün in eine Kreuzung eingefahren war.
Berlin : Lebenslang im Berliner Raser-Prozess
Die Tat erregte großes Aufsehen, weil ähnliche Wettrennen immer häufiger auch in anderen deutschen Städten ausgetragen wurden. Die Bundesländer stellten über den Bundesrat einen Gesetzentwurf vor, der dafür sorgen soll, dass solche Autowettrennen in Innenstädten nicht länger nur als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat geahndet werden können.
Nicht der in Verkehrsdelikten übliche Weg
Im Berliner Fall folgten die Richter am Landgericht nicht dem in Verkehrsdelikten üblichen Weg, den Verursacher von Todesopfern wegen fahrlässiger Tötung zur Rechenschaft zu ziehen. Sie verurteilten die beiden 25 und 28 Jahre alten Raser stattdessen wegen Mordes. Das Gericht wertete in seiner mündlichen Urteilsbegründung die Teilnahme der beiden Täter an dem Wettrennen als „mittäterliches Geschehen mit bedingtem Tötungsvorsatz“. Es verwarf zwar die von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten „niedrigen Beweggründe“ der Täter, die als Mordmerkmal gegolten hätten, stützte sich stattdessen aber auf ein anderes Merkmal einer Mordtat: Die Autos der beiden Raser seien als Tatwaffen ein gemeingefährliches Mittel gewesen.
Die Verteidiger der Verurteilten kündigten an, sie wollten Rechtsmittel einlegen und das Urteil vom Bundesgerichtshof überprüfen lassen. Die Verteidigung hatte argumentiert, der Vorsatz, an einem illegalen Wettrennen auf dem Kurfürstendamm teilzunehmen, sei nicht mit einem Tötungsvorsatz gleichzusetzen. Die Fahrer hätten in dem Glauben gehandelt, alles unter Kontrolle zu haben. Die Verteidigung plädierte auf eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und wegen Gefährdung des Straßenverkehrs.
Immer wieder ähnliche Ereignisse
Nach der Tat im Berliner Westen hatte die Berliner Polizei durch verstärkte Kontrollen versucht, illegale Autorennen in der Stadt zu unterbinden. Doch sowohl in Berlin als auch in anderen deutschen Großstädten kam es vor wie nach dem tödlichen Rennen immer wieder zu ähnlichen Ereignissen. In Köln kam vor zwei Jahren der Fahrgast eines Taxis ums Leben, das von einem Raser mit seinem Auto gerammt wurde. Kurz darauf tötete ebenfalls in Köln ein Raser eine unbeteiligte Radfahrerin. Weitere Vorfälle dieser Art mit Todesopfern ereigneten sich in Ludwigshafen, in Frankfurt und im Saarland.
Das Berliner Urteil hat Signalwirkung, weil erstmals der Straftatbestand des Mordes auf Fahrer eines Wettrennens in einer Innenstadt angewendet wird. Das könnte in der Rechtsprechung Konsequenzen auch für jene Fälle haben, in denen solche Wettrennen ohne die Verletzung oder die Tötung von Dritten enden, in denen die Raser anschließend aber identifiziert werden können. Bislang droht ihnen nach dem Sanktionskatalog des Straßenverkehrsrechts lediglich ein Bußgeld von bis zu 400 Euro und ein Monat Führerschein-Entzug.
Die Gesetzesinitiative der Bundesländer sieht vor, die illegalen Autorennen zu einem Straftatbestand zu machen und mit einem Führerscheinentzug und Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren zu sanktionieren. In Fällen, in denen Unbeteiligte in Gefahr geraten, sollen die möglichen Haftzeiten auf fünf Jahre angehoben werden; falls Verletzte oder Tote zu beklagen sind, sollen es bis zu zehn Jahre sein.