F.A.Z. exklusiv : So viele Geldautomaten gesprengt wie nie zuvor
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Verwüstet: Filiale einer Sparkasse in Lüdenscheid nach der Sprengung eines Geldautomaten Bild: dpa
Ein Anstieg um mehr als 25 Prozent: 2022 hat die Polizei nach Informationen der F.A.Z. einen Höchststand bei Automatensprengungen registriert. Ermittlern ist nun ein Schlag gegen eine niederländische Bande gelungen.
Im vergangenen Jahr sind in Deutschland so viele Geldautomaten gesprengt worden wie nie zuvor. Nach Informationen der F.A.Z. zählte die Polizei insgesamt 496 versuchte und vollendete Sprengungen. Das ist ein Plus von 27 Prozent im Vergleich zu 2021 mit 392 Fällen. Der bisherige Höchststand war 2020 mit 414 Fällen verzeichnet worden.
Teilweise explodierten im vergangenen Jahr laut Bundeskriminalamt bis zu fünf Geldautomaten in einer Nacht. Und auch in diesem Jahr zeichnet sich nach Informationen der F.A.Z. bisher kein Rückgang der Zahlen ab.
Der Polizei in Bayern und Baden-Württemberg ist es nun immerhin gelungen, eine Bande zu zerschlagen, die seit 2021 mehr als 50 Geldautomaten in Süddeutschland gesprengt und dabei 5,2 Millionen Euro erbeutet haben soll. Schon zu Beginn der Woche gab es Razzien unter anderem in den niederländischen Provinzen Utrecht und Limburg. Neun Verdächtige wurden festgenommen, Sprengstoff, Zehntausende Euro Bargeld und ein hochmotorisiertes Auto beschlagnahmt.
Wegen der Explosionsgefahr mussten während des Polizeieinsatzes laut lokalen Medienberichten Gebäude in einem Industriegebiet in Roermond vorübergehend evakuiert werden. „Es handelt sich hierbei um eine der größten Aktionen gegen Geldautomatensprenger in den Niederlanden“, teilten die Landeskriminalämter Bayern und Baden-Württemberg sowie die Staatsanwaltschaft Bamberg gemeinsam am Donnerstag in München mit.
Häufig Verbindungen in die Niederlande
Dass die Tatverdächtigen des süddeutschen Verfahrens in den Niederlanden festgenommen wurden, ist keine Überraschung: Im Großteil der Sprengungen vermuten die Ermittler Verbindungen ins Nachbarland, die Schätzungen reichen von 60 bis mehr als 80 Prozent. Statt wie vor ein paar Jahren mit Gasgemischen zu hantieren, nutzen die niederländischen Täter nun vorwiegend Festsprengstoffe – meist aus illegalen Cobra-Böllern. Das Pulver aus 15 bis 20 Knallern reicht für eine Ladung, die einen Automaten aufsprengt.
Erst im vergangenen Herbst wurden bei Razzien gegen ein Netzwerk, das illegale Feuerwerkskörper aus China in die Niederlande geschmuggelt hatte, 350 Tonnen Pyrotechnik beschlagnahmt. Die Schäden an Bankfilialen und anderen Gebäuden, in denen Automaten stehen, werden so immer größer. Und auch die Gefahr für Anwohner und Passanten hat stark zugenommen.
In den Niederlanden selbst ist die Zahl der Geldautomatensprengungen stark zurückgegangen. 2013 waren es noch 129 Fälle, im vergangenen Jahr gerade einmal 15. Das Bundeskriminalamt schreibt von einem „Verdrängungseffekt“, weil in dem Nachbarland sowohl „der Strafverfolgungsdruck wie auch Präventionsmaßnahmen“ intensiviert wurden. Als effektiv haben sich dabei Systeme erwiesen, die die Scheine in den Geldkassetten nach einer Sprengung unbrauchbar machen, etwa durch Farbe, insbesondere aber durch Kleber.
In Deutschland erbeuten die Sprenger teils mehr als 100.000 Euro aus einem einzigen Geldautomaten. 2021 waren es laut BKA insgesamt 19,5 Millionen Euro. In den Niederlanden haben die Täter laut der Polizei dort im vergangenen Jahr „kein oder kaum“ Geld erbeutet.